Montag, 31. Januar 2011

Parfum oder Kunst?

Parfum oder Kunst? Ich habe die Wahl.

Normalerweise mag ich Parfums nicht sonderlich. Ich finde, die meist mutwillig durchdesignten Körperbeduftungssprays machen die Leute unverschämt austauschbar. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel, und es gibt Parfums, die an Leuten wirklich gut und es gibt Leute, die mit Parfum wirklich besser riechen.

Manchmal, zu den so genannten „besonderen Anlässen“, greife auch ich gerne zum Flakon, pumpe beherzt einen kräftigen Stoß in den Kubikmeter Wohnraum vor meinem ausgestreckten Arm und stelle mich schnell, solange die Wolke noch in der Luft hängt, darunter bzw. darein, auf dass sie mich einlulle und für die nächsten zwölf bis vierundzwanzig Stunden molekular verträglich an mir hafte.

Deswegen und weil selbst das unerschöpflichste Lieblingsparfum irgendwann zu Ende geht, ging ich neulich ins Karstadt, um für Nachschub zu sorgen. Aber ach: selbst die kleinste Größe, das 30ml-Fläschchen, kostete 55 Euro!

Eine Jahreskarte für die staatlichen Museen zu Berlin, mit der man ein Jahr lang in alle Dauerausstellungen kommt, kostet 40 Euro, schoss es mir in den Kopf.

Ich habe also die Wahl: 55 Euro für 30 Milliliter komprimierten freien Eintritt in fein zerstäubte Wohlgeruchswolken ODER 40 Euro für 365 Tage freien Eintritt in atemberaubende Weltweisewunderwolken. Was will ich? In einem Kunstwerk aus Blüten, Blättern und Schnickschnack baden ODER in vielen Kunstwerken aus Figuren, Formen, Farben und Schnickschnack baden?

Natürlich will ich beides. Aber wenn ich nun mal einfach weder in den Adel einheiraten noch in die Werbung gehen will? Was bleibt mir als Angehörige der so genannten "schreibenden Zunft" anderes übrig als mich zu entscheiden?

Das Tolle am Aufschreiben ist ja unter anderem, dass Entscheidungsfragen sich beim Schreiben in Luft auflösen und die Entscheidung fällt, noch bevor der Text zu Ende ist.

Dienstag, 25. Januar 2011

Eine Frage der Zeit

"War ich allein so unernst? Ist die Zeit so unernst?"

Mittwoch, 19. Januar 2011

Metaweise

"Ein bisschen Meta muss schon sein,
dann kommt das Glück von ganz allein."
(Ndiebo Sastralán)

Mittwoch, 12. Januar 2011

Innerer Monolog eines Bürokraten, der plötzlich auch mal eine Idee hat

"Ich hab’s! Wir erklären einfach für verrückt! Was wir nicht verstehen oder was die Norm sprengt, erklären wir für verrückt. Wir vermessen, kategorisieren, katalogisieren und bilanzieren, ordnen ein und sortieren aus. Wir erklären für mangelhaft, was die (von irgendwem irgendwann definierten und von uns nachbuchstabierten) Normen unter- oder übersteigt. Wir messen, wiegen, testen und vergessen einfach alles, was nicht reinpasst. Herausragendes vergessen wir einfach. Oder nein: Wir vernichten es lieber. Damit unseren Standards nichts passiert. Wir müssen unsere Standards bewahren, denn was wären wir ohne sie? Nichts! Unsere Standards sind uns heilig. Ohne unsere heiligen Standards wären wir auf uns selbst gestellt, und da wir nicht wissen, was das sein soll bzw. gar nicht glauben, dass es so etwas gibt, verteidigen wir unsere Standards auf, wie man so sagt, Teufel komm raus. Der Rest wird vernichtet. Und bald schon, nicht erst in tausend Jahren, wird es ihn nie gegeben haben."

Freitag, 7. Januar 2011

Danksagung an die Kassierer-Zunft

Taugte ich doch nur ein Quäntchen mehr zum Wutbürger! Wäre ich doch nur ein Fünkchen Fan von Tätigkeiten wie auf Demos Kopien von Skandiersprüchen mit eingängigem Reimschema verteilen, nur mit Chanel No 5 überzogen ein vorübergehendes Amt als Politexhibitionistin bekleiden oder schottern.

Ich würde womöglich die Kaufhäuser, Supermärkte und Discounterfilialen stürmen, lakenumtost und wild beflaggt, und rufen: „KassiererInnen aller Länder, vereinigt euch!“ (Wie ich das große „I“ rufen würde, weiß ich auch nicht, aber das wäre ein Problem, mit dem man getrost tun könnte, was die Autoritäten der antiautoritären Erziehung der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts des vergangenen Jahrtausends verunsicherten Eltern befahlen, was den Umgang mit dem Nachwuchs betrifft: vernachlässigen!)

Hier aber macht mir meine wie auch immer geartete Natur einen Strich durch die Rechnung. Meine wie auch immer geartete Natur ist nämlich eine kleine Diktatorin: Sie lässt mir keine Wahl. Ich bevorzuge nun mal leise Reden und laute Beats, nicht umgekehrt. Das war schon immer so. Das wird auch immer so sein. Ich bin zu dieser Kombination verdammt! Wahrscheinlich werde ich auch noch auf der Sterbebühne „mehr Bass!“ ins Linnen aus handgeklöppeltem Basalt hauchen. Oder ins Kleenex. Je nachdem, ob mein Lebensweg mir bis dahin rubinfunkelnden Reichtum oder raufaserige Armut beschert hat. (Habe ich „Basalt“ geschrieben? Ich meinte „Damast“.) Und man kann nur hoffen, dass dann jemand da ist, der aufdreht.

Statt delacroixmäßig die Einkaufsmöglichkeiten zu stürmen, könnte man natürlich auch ein Disco-Attentat arrangieren. Doch ach: Auch die Zwangsbeschallung lehne ich ab. Insofern ist mir auch dieser Weg versperrt! (Wen es interessiert: Ein Disco-Attentat stelle ich mir so vor, dass ein möglichst beatlastiger Verbund musikalisch begabter Leute die Kaufhallen stürmt, die Instrumente auspackt und loslegt, so hin- und mitreißend, dass die Kassiererinnen und Kassierer aus ihren Kassen springen und durch die Regale tanzen. Weil einfach kein Tanzbein trocken bleibt bei „soom Rhythmus“.) Aber wer sagt einem, ob den Mitarbeitern die Musik auch gefallen würde? Eben! Nichts ist trauriger und nichts desolater und obendrein nichts unwürdiger als ein missglücktes Disco-Attentat. Man will Freude schenken und erntet Ohropax. Leute mit Geräuschen zu beschallen, die sie nicht wollen, ist nun wirklich nicht im Sinne des Erfinders. Meines Erachtens ist das sogar ein Straftatbestand. Einer ohne Paragraf, Absatz und Artikel zwar, aber doch ein veritabler, ausgewachsener, nur mit Füllfederhalter von Rolls Royce oder meinetwegen Mercedes-Benz zu unterzeichnender S t r a f t a t b e s t a n d.

Was also tun, um der aufrichtig empfundenen Dankbarkeit jenen Leuten gegenüber Ausdruck zu verleihen, die täglich acht Stunden ihres Tages der Öffentlichkeit (also auch mir) zur Verfügung stellen und knöpfedrückend hinter Kassen stehen oder sitzen, obwohl sie sich sicher Schöneres vorstellen könnten?

Man könnte den gastronomischen Brauch des Trinkgeldgebens einführen.

Man könnte sagen: „Danke, liebe Frau Soundso, dass Sie hier sind und mir den Erwerb von Waren in den Bahnen des Gesetzes ermöglichen und ich nicht klauen muss!“

Man könnte, wenn man das nächste Mal an einer Sammelkasse steht (so einer wie sie bei Karstadt, H&M oder C&A üblich sind) und so wie neulich beim Karstadt Zeuge einer lustigen Unterhaltung zwischen Kollegin 1 und Kollegin 2 wird, sagen: „Danke, liebe Frau Soundso und Soundso, dass Sie während der Arbeit und vor meinen Augen/Ohren miteinander scherzen! So muss ich nicht fürchten, dass Sie und Ihre Kollegen in Ihrem Arbeitsleben zu griesgrämigen Robotern mutieren, und kann beruhigt meine neu erworbenen Overknees nach Hause tragen!“