Sonntag, 20. Februar 2011

Wie werde ich Diplom-Bürger?











Theoretisch bin ich Bürgerin, aber praktisch? Wie geht das eigentlich - "Bürger sein"? Wählen gehen reicht, glaube ich, nicht. Kritisch auf den Beipackzettel gucken, glaube ich, auch nicht. Das Kleingedruckte in Verträgen achten, eine Steuererklärung machen können, verstehen, was von den täglich verbreiteten "Fakten" Bullshit ist und was davon man besser ernst nehmen sollte, um nicht unterzugehen?

Die HFG Karlsruhe hat das Riesenproblem der Zeit erkannt und bietet seit dem Sommersemester 2010 im Rahmen des Programms "Der professionalisierte Bürger" fünf neue Studiengänge an:

* Diplom-Bürger
* Diplom-Gläubige
* Diplom-Konsumenten
* Diplom-Patienten
* Diplom-Rezipienten

Im Zentrum steht überall "die Förderung von Allgemeinbildung im Sinne der Wiederaneignung von bürgerlichen Kompetenzen."

Für alle, die aus geografischen Gründen nicht an den Seminaren teilnehmen können, dies aber gerne würden, gibt es die Möglichkeit, einzelne Beiträge als Podcast nachzuhören.

Montag, 14. Februar 2011

Einkaufsgeschichten, Folge 1

Was unseren postkommunistischen, spätkapitalistischen und bald hoffentlich endlich ohne Istisches auskommenden Arbeiter-und-Intellektuellen-und-Bauern-und-Industriellen-Staat angeht, so scheinen hin und wieder Inseln der Hoffnung auf eine rosige Zukunft auf (wenn das mit den blühenden Landschaften schon nicht so ganz geklappt hat). Grund für solche Zuversicht gibt mir unter anderem ein Erlebnis, das ich vergangenen Samstagnachmittag hatte:

Ich war im Begriff, zehn kleinformatige Einweckgläschen zu kaufen, in einem meiner Lieblingsläden. (Im Begriff war ich nur, weil ich die Floskel so schick finde, in Wahrheit hatte ich sie bereits gekauft und sogar schon nach Hause getragen und ausgewickelt.)
Da standen sie also nun alle zehn vor mir, und als ich eines öffnete, um das, was da rein sollte, hineinzulegen, wurde ich mit großem Schreck gewahr, dass ich das falsche Format erwischt hatte. Das, was da rein sollte (ein quadratisches Etwas aus Papier), passte schlichtweg nicht da rein! Es hätte das Format gesprengt, und da es sich um ziemlich dickwandige Gläschen handelte, hätte die Papierware vermutlich eher hässliche Blessuren davongetragen. => Wieder aufs Rad, zurück in den Laden, die zehn Gläschen auf dem Tresen aufgebaut, und das Missgeschick erklärt. Und jetzt kommt’s:

Der Umtausch war:
1. eine Sache von 5 Minuten
2. eine gute Gelegenheit für ein nettes Pläuschchen über Waren und Preise
3. eine freudige Überraschung, denn: das stattdessen gewählte nächst größere Format kostete exakt genauso viel wie das zu kleine!

=>
Ich: „Aber die sind doch größer als die anderen! Die müssen doch teurer sein!“

Verkäuferin: „Nö, der Aufwand bei der Produktion ist derselbe.“

Ich: „Aber das weiß doch der Kunde nicht! Man könnte doch ohne Weiteres den Preis wenn nicht gerade verdoppeln, so doch zumindest um die Hälfte erhöhen!“

Verkäuferin: „Ja, das könnte man.“

Samstag, 12. Februar 2011

re-breathing the sense of...

"Stuck in a desiccated form of pity, I forgot to breathe."

Mittwoch, 9. Februar 2011

Smalltalking Business

Neulich im Erdgeschoss einer Buchhandelskettenfiliale. In einem "Smalltalk-Trainer für berufliche Situationen" lese ich:

"Fördern Sie Ihre Karrierechancen! Das 30-Sekunden-Geplauder im Lift oder das Warm-up vor der Vertragsverhandlung öffnet Türen, schafft Nähe und mobilisiert Sympathien. Beruflich zahlt sich das liebenswürdige Interesse an anderen in Form von Rückendeckung, einem höheren Bekanntheitsgrad oder einem engmaschigen Beziehungsnetz aus."

Was sind das für Businessratgeber, die Sympathien mobilisieren und Liebenswürdigkeit verkaufen wollen? Und: Wer kauft sowas? Und wer von den Käufern glaubt sowas, und wer von den Glaubenden macht sowas? Wie groß ist die Reichweite solcher und ähnlicher (Un-)Ratgeber, die das Natürliche (Sympathie, Interesse am anderen) mutwillig denaturieren, damit es sich gewinnbringend instrumentalisieren lässt? Welche Ratgeber bestimmen womöglich immer noch das Klima der Republik, alles Echte ins Unechte kehrend, so dass keiner mehr weiß, was eigentlich echt ist und was Fake, nichts als Mittel zum Zweck, die eigene Karriere zu fördern?

Was spricht eigentlich dagegen, BERUFLICH genauso zu sein wie PRIVAT, nämlich einfach GANZ NORMAL?

Montag, 7. Februar 2011

Elektronik Supersonik

"I am the bestest!"

Sonntag, 6. Februar 2011

Grundschulpädagogik 2011 ? (On Education, II)

Beinahe passend zum Thema geht soeben eine Geschichte ein, die an der evolutionären Zuversicht heutiger Anthropologen zweifeln lässt: die Geschichte von J., lese- und v.a. rechenbegeisterter Erstklässler im an sich sonnigen Süden der Republik. Die Geschichte von einem Kleinen, der für den Lehrer offenbar zu groß ist. Die Geschichte von einem Flitzekerl, der so großen Spaß an Mathe hat, dass er zu Hause schon mal ein paar Seiten künftiger Hausaufgaben vorausgerechnet hat. Die Geschichte, außerdem, von einem Lehrer, der, als er das Zeugnis kindlicher Knobelfreude im Heft sieht, darauf besteht, dass die Lösungen auf der Stelle ausradiert werden. AUS! RA! DIERT! Weg mit der Begeisterung! Wir sind hier nicht zum Spaß! Wir sind hier in der SCHU-LE! Ach so, die Geschichte spielt übrigens im Jahr 2011 und bildet zum Glück offenbar eine - wenn auch horrende - Ausnahme.

4000 years (On Education, I)

„...eine Art von Konvergenz zwischen der politischen Rationalität in der jetzigen Weltlage und der Wiederentdeckung des alten Menschen, also des Menschen wie er war, bevor die hochkulturellen Kriegsdressuren ihn deformiert haben. Der Mensch wird von den Anthropologen jetzt so beschrieben als wäre er mit einer wunderbaren emotionalen Hardware ausgestattet, auf der aber seit viertausend Jahren die falsche Software läuft, die wir mit dem verdächtigen Namen Erziehung auch noch – bisher – anzupreisen gewagt haben.“ (Sloty)