Mittwoch, 13. April 2011

Im Stau (lost in Berufsverkehr)

Warum eigentlich passiert es mir immer wieder, dass ich auf Berufstätige treffe, die ich mal „die mutwilligen Verflacher der Nation“ nennen will. Leute, die wider besseres Wissen den so genannten Zielgruppen reinsten Bullshit verkaufen und dann auch noch frech behaupten, die so genannten Zielgruppen würden es ja nicht anders wollen. Dabei wissen die mutwilligen Verflacher der Nation (mVN) ganz genau, dass von „wollen“ keine Rede sein kann, wenn man nichts anderes kennt.

Und die anvisierten Zielgruppen kennen tatsächlich nichts anderes. Weil sie nämlich nie die Chance hatten, es kennenzulernen. Weil nämlich die mVN nicht das geringste Bedürfnis verspüren, es ihnen, also dem großen Rest, der nicht das Glück hatte, über genug geistige und finanzielle Ressourcen zu verfügen, die nun mal nötig sind, um ein Studium zu absolvieren, nahezubringen. Die mVN sind nicht im geringsten motiviert, etwas von dem, was sie qua Geburt geschenkt bekommen haben, an die von ihnen auf niederstem Niveau künstlich klein gehaltenen und täglich aufs Neue festgezurrten Zielgruppen weiterzugeben. Sie, die mVN, könnten, aber sie wollen nicht. Warum auch, wenn der Arbeitgeber einen bereitwillig dafür bezahlt, dass man den lieben langen Tag bei vollem Bewusstsein nichts anderes macht als Informationsschrott so zu mischen, zu verkleben und neu zu verpacken, dass der Schwindel hält. Dann noch ein bisschen was obendrauf, das die Speichelproduktion von Pitbullterriern anregt – wahlweise Busen, Tod oder Hakenkreuz – und schon wieder ist ein Arbeitstag erfolgreich zu Ende gegangen.

Und dann steht man auf einmal, weil das Schicksal oder whatever es so will, neben solchen Leuten und ist einfach nur sprachlos, denn diese Leute schauen einem schamlos strahlend in die Augen, sind überhaupt total „nett“ und „offen“ und „herzlich“ und „interessiert“, und man möchte ihnen den Prosecco in den Ausschnitt kippen, den sie schon wieder nachgießen, aber das wäre zuviel Aufwand. So sucht man also nach Fluchtwegen, doch die sind alle verstopft. Mit lauter gut gelaunten mVN. Gäbe es nicht hin und wieder sowas wie vorhin den Blick des Kellners auf die Uhr oder die Erinnerung an morgen - man wäre hier im Augenblick tatsächlich verloren.