Im Fahrradladen. Vor mir eine Wand voll Sicherheitsschlösser. Sicherheitsschlösser aller Art und Preisklasse, von niedlichem Plastikring für 5 € (in allen Grundfarben erhältlich) bis hin zu schwerem Stahlgeschütz für 79 € (ausschließlich tiefschwarz).
Der Verkäufer lässt mich in Ruhe, ich begutachte die verschiedenen Modelle und schwanke schließlich zwischen einem dicken schwarzen Plastikring mit dichtem Stahlgezwirbel im Inneren für 27 €, der schwer in der Hand liegt, und einer Variante davon in etwas dünner und um vieles leichter für 10 €. Aus akutem finanziellen Anlass tendiere ich zu der 10 €-Sicherheit. Schon will ich damit zur Kasse, da tritt der Verkäufer an mich heran und rät mir vom Kauf ab:
„Ganz ehrlich: Das würde ich nicht nehmen.“ Und er erklärt, wie das Ding gemacht ist, dass es zwar einigermaßen nach was aussieht, ein Kenner aber gleich erkennt, dass hier nur ein dünner Draht mit ordentlich Plastik verkleidet wurde. Er rät mir zu dem 27 €-Modell und schiebt hinterher: „Also, das ist jetzt kein Verkäuferspruch.“ Spontan erwidere ich: „Ja, das glaube ich hier.“ Dass ich durch die Entscheidung gegen das Billigschloss schon wieder ins Minus komme, nehme ich in Kauf. Schließlich geht es um mein Fahrrad.
Dienstag, 20. Dezember 2011
Montag, 5. Dezember 2011
Happy Monday!
Vorhin, vor exakt zwei Lichtjahren – sind wir mal großzügig und schauen über den Unsinn hinweg, der darin besteht, dass Jahre aus Licht das Maß für Entfernungen sein sollen – hat keine 500 Meter Luftlinie vom Unfallort entfernt eine kleine Welt eröffnet, wie man später erfuhr.
Zwei Tage darauf, also vorhin minus zwei, landet man um drei Ecken am anderen Ende des Vektors. Man tritt von einem Bein aufs andere, traut sich nicht rein, traut sich dann doch, und steht dann da so. Da steht man also und schlägt auf der Stelle Wurzeln, aber das weiß man noch nicht. Man weiß überhaupt noch gar nichts, und sogar das merkt man erst viel später.
Im Moment steht da erstmal ein kleiner Apparat, ein schlichtes Maschinchen, kaum größer als ein handelsübliches Wörterbuch. Wenn man sich die unglaubliche Mühe machen und sich die endlose Zeit von sagen wir fünf Minuten nehmen will, kann man durch Betätigen des Hebels und Einlegen zweier Metallplättchen kleine Medaillons zum Anstecken herstellen. Das macht Spaß, sieht hübsch aus und verbindet - auch und gerade solche, denen Friemeln meist lieber ist als Reden.
Was da noch steht, und zwar im Augenblick direkt unter dem kleinen Apparat vom Ausmaß eines Wörterbuchs, nur viel größer und aus Holz: ein veritabler Tisch. So einer, den nichts aus der Ruhe bringt. In der Mitte gibt es eine Vertiefung und seitlich schon wieder einen Hebel. Das Schöne an diesem Hebel ist: Niemand würde auf die Idee kommen, seinen Nutzen in Frage zu stellen, denn es gibt keinen. Vermutlich gab es mal einen und könnte wohl auch jederzeit wieder einen geben, aber hier und jetzt ist er einfach nur da und gibt Rätsel auf.
Was noch? Ach so, ja: die Musikmaschine. Schon wieder so ein Apparat, ein größerer diesmal, ein trutziges Ding mit enormer Bodenhaftung. Auch wenn ringsum alles tanzt, was selten, aber manchmal eben doch passiert - die Musikmaschine bleibt am Boden und freut sich in tiefer Ruhe über ihre Wirkung. Toll auch: Die Musik darf frei gewählt werden, unabhängig von Einkommen, Aussehen, Geschlecht, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Ethnie, Essgebaren, Kleidungsstil, sexueller Orientierung und Schlafgewohnheit. Und immer wieder gibt es Tage, an denen die Musikmaschine Konkurrenz bekommt. Die Musik kommt dann von Leuten.
Ringsum sind ferner Wände, und an den Wänden wechselnde Bilder. Bilder, die gesehen werden wollen, weil sie dazu geschaffen sind. Und wie! Die Leute hinter den Bildern sind manchmal auch da, und dann wird gefeiert und geredet und gefragt und erklärt, so gut oder schlecht es geht, und am Ende, wenn wieder abgehängt wird, wird vielleicht ein Traum wahr oder zurück in die Warteschleife geschickt, alles ist möglich.
Natürlich gibt es außer den Leuten mit Bildern und den Leuten mit Musik auch jede Menge anderer Leute. Leute auf Durchreise. Leute, die ankommen. Leute, die Abschied nehmen. Leute auf Jobsuche. Leute mit Arbeit, von der sie gerne erzählen, weil sie sie ernst nehmen. Und Leute, die nichts lieber tun als Leuten zuzuhören, die gerne von dem erzählen, was sie die meiste Zeit tun. Leute mit Plänen und Leute ohne Plan. Leute, die ausprobieren. Und Leute, die ausprobiert haben und jetzt was Neues versuchen. Leute, die irgendwohin wollen, wo es besser ist als da, wo sie aus irgendwelchen Gründen feststecken. Leute, die mal in Ruhe gelassen werden wollen, aber nicht allein. Natürlich gibt es auch Leute, die einfach Leute treffen wollen oder Musik oder beides. Lauter Leute eben, die gerne so sind.
Zwei Tage darauf, also vorhin minus zwei, landet man um drei Ecken am anderen Ende des Vektors. Man tritt von einem Bein aufs andere, traut sich nicht rein, traut sich dann doch, und steht dann da so. Da steht man also und schlägt auf der Stelle Wurzeln, aber das weiß man noch nicht. Man weiß überhaupt noch gar nichts, und sogar das merkt man erst viel später.
Im Moment steht da erstmal ein kleiner Apparat, ein schlichtes Maschinchen, kaum größer als ein handelsübliches Wörterbuch. Wenn man sich die unglaubliche Mühe machen und sich die endlose Zeit von sagen wir fünf Minuten nehmen will, kann man durch Betätigen des Hebels und Einlegen zweier Metallplättchen kleine Medaillons zum Anstecken herstellen. Das macht Spaß, sieht hübsch aus und verbindet - auch und gerade solche, denen Friemeln meist lieber ist als Reden.
Was da noch steht, und zwar im Augenblick direkt unter dem kleinen Apparat vom Ausmaß eines Wörterbuchs, nur viel größer und aus Holz: ein veritabler Tisch. So einer, den nichts aus der Ruhe bringt. In der Mitte gibt es eine Vertiefung und seitlich schon wieder einen Hebel. Das Schöne an diesem Hebel ist: Niemand würde auf die Idee kommen, seinen Nutzen in Frage zu stellen, denn es gibt keinen. Vermutlich gab es mal einen und könnte wohl auch jederzeit wieder einen geben, aber hier und jetzt ist er einfach nur da und gibt Rätsel auf.
Was noch? Ach so, ja: die Musikmaschine. Schon wieder so ein Apparat, ein größerer diesmal, ein trutziges Ding mit enormer Bodenhaftung. Auch wenn ringsum alles tanzt, was selten, aber manchmal eben doch passiert - die Musikmaschine bleibt am Boden und freut sich in tiefer Ruhe über ihre Wirkung. Toll auch: Die Musik darf frei gewählt werden, unabhängig von Einkommen, Aussehen, Geschlecht, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Ethnie, Essgebaren, Kleidungsstil, sexueller Orientierung und Schlafgewohnheit. Und immer wieder gibt es Tage, an denen die Musikmaschine Konkurrenz bekommt. Die Musik kommt dann von Leuten.
Ringsum sind ferner Wände, und an den Wänden wechselnde Bilder. Bilder, die gesehen werden wollen, weil sie dazu geschaffen sind. Und wie! Die Leute hinter den Bildern sind manchmal auch da, und dann wird gefeiert und geredet und gefragt und erklärt, so gut oder schlecht es geht, und am Ende, wenn wieder abgehängt wird, wird vielleicht ein Traum wahr oder zurück in die Warteschleife geschickt, alles ist möglich.
Natürlich gibt es außer den Leuten mit Bildern und den Leuten mit Musik auch jede Menge anderer Leute. Leute auf Durchreise. Leute, die ankommen. Leute, die Abschied nehmen. Leute auf Jobsuche. Leute mit Arbeit, von der sie gerne erzählen, weil sie sie ernst nehmen. Und Leute, die nichts lieber tun als Leuten zuzuhören, die gerne von dem erzählen, was sie die meiste Zeit tun. Leute mit Plänen und Leute ohne Plan. Leute, die ausprobieren. Und Leute, die ausprobiert haben und jetzt was Neues versuchen. Leute, die irgendwohin wollen, wo es besser ist als da, wo sie aus irgendwelchen Gründen feststecken. Leute, die mal in Ruhe gelassen werden wollen, aber nicht allein. Natürlich gibt es auch Leute, die einfach Leute treffen wollen oder Musik oder beides. Lauter Leute eben, die gerne so sind.
Donnerstag, 1. Dezember 2011
Wurst
„Magscherädlewurscht?“ war eine der Fragen, mit denen ich aufgewachsen bin. Die andere: „Zuwemghörschdu?“
Das erste war, wenn man als Pimpf zum Einkaufen mitgenommen und vor der Fleisch&Wurst-Theke Halt gemacht wurde. Da stand man dann vor einer weiten, rosaroten Landschaft aus Fleisch und wartete mal mehr, mal weniger auf das „Magscherädlewurscht?“ der meist sehr beleibten Verkäuferin hinter dem Wurstgebirge, die mit ihrem Zwei- oder Dreizack in beeindruckend sicherem Gespür für Mengen- und Gewichtsverhältnisse von den Stapeln aufgeschnittener Wurst immer ziemlich genau so viele Scheiben wegpiekste und auf das Papier warf, dass die Waage sich selten irrte.
Die zweite Frage, die aus meiner Kindheit nicht wegzudenken ist, kam, wenn man im Hof spielte oder auf der Straße, jedenfalls draußen, irgendwo im nahen Umkreis. „Zuwemghörschdu?“ - damit wollte entweder der Briefträger sich die Arbeit erleichtern, indem er die Post gleich den Kindern in die Hand drückte, zu deren Eltern sie gehörten, anstatt die Briefkästen der Wohnungen abzuklappern. Oder schlichtweg interessierte Nachbarn von weiter weg wollten herausfinden, aus welchem Stall diese Schäfchen auf Rollschuhen stammten. Warum, weiß der Himmel. Jedenfalls antwortete man auf diese Frage immer brav mit dem Familiennamen, auch wenn man sich schon als Dreikäseplusrollschuhhoch darüber wunderte, dass Fremde wissen wollten, „zu wem“ man „gehört“. Einfach so.
Irgendwann hörten diese beiden Fragen auf, dafür kamen andere, solche, die man nicht mehr so einfach und klar und schnell beantworten konnte, solche, für deren Beantwortung man „etwas tun“ musste. Irgendwann hörten auch die auf, und dann änderte sich die Richtung, und die Fragen kamen nicht mehr von außen. Man fragt auf einmal selbst. Und dann stellt man sich zum Beispiel vor, wie es wäre, wenn morgen beim Einkaufen plötzlich jemand „Magscherädlewurscht?“ fragen würde.
Das erste war, wenn man als Pimpf zum Einkaufen mitgenommen und vor der Fleisch&Wurst-Theke Halt gemacht wurde. Da stand man dann vor einer weiten, rosaroten Landschaft aus Fleisch und wartete mal mehr, mal weniger auf das „Magscherädlewurscht?“ der meist sehr beleibten Verkäuferin hinter dem Wurstgebirge, die mit ihrem Zwei- oder Dreizack in beeindruckend sicherem Gespür für Mengen- und Gewichtsverhältnisse von den Stapeln aufgeschnittener Wurst immer ziemlich genau so viele Scheiben wegpiekste und auf das Papier warf, dass die Waage sich selten irrte.
Die zweite Frage, die aus meiner Kindheit nicht wegzudenken ist, kam, wenn man im Hof spielte oder auf der Straße, jedenfalls draußen, irgendwo im nahen Umkreis. „Zuwemghörschdu?“ - damit wollte entweder der Briefträger sich die Arbeit erleichtern, indem er die Post gleich den Kindern in die Hand drückte, zu deren Eltern sie gehörten, anstatt die Briefkästen der Wohnungen abzuklappern. Oder schlichtweg interessierte Nachbarn von weiter weg wollten herausfinden, aus welchem Stall diese Schäfchen auf Rollschuhen stammten. Warum, weiß der Himmel. Jedenfalls antwortete man auf diese Frage immer brav mit dem Familiennamen, auch wenn man sich schon als Dreikäseplusrollschuhhoch darüber wunderte, dass Fremde wissen wollten, „zu wem“ man „gehört“. Einfach so.
Irgendwann hörten diese beiden Fragen auf, dafür kamen andere, solche, die man nicht mehr so einfach und klar und schnell beantworten konnte, solche, für deren Beantwortung man „etwas tun“ musste. Irgendwann hörten auch die auf, und dann änderte sich die Richtung, und die Fragen kamen nicht mehr von außen. Man fragt auf einmal selbst. Und dann stellt man sich zum Beispiel vor, wie es wäre, wenn morgen beim Einkaufen plötzlich jemand „Magscherädlewurscht?“ fragen würde.
Mittwoch, 26. Oktober 2011
Pünktchen Pünktchen
Montag, 17. Oktober 2011
Dienstag, 11. Oktober 2011
Box da!
Beim "1. Karlsruher Dramatikerfestival - STADT DER ZUKUNFT" am Badischen Staatstheater wurde nach Herzenslust hoch- und tiefgestapelt.
Montag, 10. Oktober 2011
Soundcheck
Freitag, 7. Oktober 2011
Mehr Pathos!
Die Sprachspione haben sich derzeit dem Pathos verschrieben und sich dabei ganz schön verlaufen.
Donnerstag, 6. Oktober 2011
TBA
...zwischen mahnend-depressiv und sphärisch-überspannt, gleichermaßen hypothetisch wie hypnotisch... so etwas wie die Notwendigkeit, die entsteht, wenn man den Unfall beim Schopfe packt, ihn unter das Elektronenmikroskop legt und seine verborgenen Muster erkennt – oder zu sehen glaubt... eine wie auch immer geartete Herausforderung an den Plan, sich so oder so ähnlich zu erfüllen.
Dienstag, 4. Oktober 2011
Verboten ist, was gefällt.
K. ist wütend, weil ihm seine Arbeit nicht gefallen darf. Zumindest darf man es ihm nicht ANSEHEN, dass ihm seine Arbeit gefällt. Arbeit muss nach Arbeit AUSSEHEN. Basta. Die Sonne, der Wind, das Panorama... das alles darf dem Arbeiter nicht gefallen, auch dann nicht, wenn es gerade ganz und gar nichts zu tun gibt. Innehalten, den Blick schweifen lassen und es sich, bevor es weitergehen kann, womöglich gar auf der Freifläche BEQUEM machen, diese spezifische ÄSTHETIK (von Freizeit/Freiheit/Luxus/...?) erzürnt den Chef. So sieht kein Arbeiter aus, so darf kein Arbeiter aussehen, nicht mal, wenn er Pause hat! Und plötzlich ist die Schönheit der Natur, die dem Arbeiter für einen Moment das Gefühl gegeben hat, die Welt sei trotz allem schön... plötzlich ist diese Schönheit wiedermal nur für andere da.
Dienstag, 27. September 2011
Freitag, 23. September 2011
Sonntag, 18. September 2011
Besuch (eigentlich alles anders)
Besuch in Berlin. Bummel durch Kreuzberg.
"Hier ist normalerweise voll viel los."
"-."
"Und am Wochenende ist hier Markt."
"-."
"Tagsüber."
"-."
"Und da gibt's total gute Schokomuffins."
"-."
"Normalerweise."
"-."
"Und auf der Brücke ist immer die Hölle los."
"-."
"Wenn's warm ist."
"Wann kommt die Eisdiele?"
"Gleich."
"Hier ist normalerweise voll viel los."
"-."
"Und am Wochenende ist hier Markt."
"-."
"Tagsüber."
"-."
"Und da gibt's total gute Schokomuffins."
"-."
"Normalerweise."
"-."
"Und auf der Brücke ist immer die Hölle los."
"-."
"Wenn's warm ist."
"Wann kommt die Eisdiele?"
"Gleich."
Freitag, 16. September 2011
Freitag, 9. September 2011
Was heute?
Was heute passiert, steht in den Akten, aber ohne Einsicht... Eines allerdings ist so sicher wie die Sonne in der Nacht: Im Süden der Republik wird heute maximal gefeiert, und einmal mehr bedauert man die Unausgereiftheit deutscher Ingenieurskunst bzw. die Schlurfigkeit der praktischen Physik. Ob's was bringt, sich vor die Haustür zu stellen und solange "beam me up" zu rufen, bis der Bürgersteig hochgeklappt wird? Wird vermutlich nicht klappen, denn die Idee einer Sperrstunde will und will sich einfach nicht verwirklichen, hier in dieser Stadt, die ja nie schläft. Dafür schlafe ich umso mehr. Ich schlafe und schlafe, und neulich ist es sogar passiert, dass der größte Diskojockey des Planetensystems in unmittelbarer Nachbarschaft sein Wesen getrieben hat, und ich bin vorher eingeschlafen! Dabei wollte ich unbedingt hin - wer's nicht glaubt, kann ja in meinen Kalender gucken.
Also, was? Heute wird gefeiert, und wenn man schon nicht dabei sein kann, weil man in Berlin ist, kann man wenigstens aus der Ferne von Herzen gratulieren und sich entsprechende Geburtstagsmusik aufs Ohr hauen.
Also, was? Heute wird gefeiert, und wenn man schon nicht dabei sein kann, weil man in Berlin ist, kann man wenigstens aus der Ferne von Herzen gratulieren und sich entsprechende Geburtstagsmusik aufs Ohr hauen.
Dienstag, 6. September 2011
Cambodia & Co
Musik aus der Zeit,
als die Berufe noch Farben hatten,
an denen niemand die Rechte besaß.
als die Berufe noch Farben hatten,
an denen niemand die Rechte besaß.
Sonntag, 4. September 2011
Kleben!
Die Frage ist ja mitunter berechtigt: Kunst oder Leben? Thomas Mann beispielsweise, dem großen Thomas Mann, wird allenthalben (zumindest von großen Teilen der selbsternannten Fachwelt) nachgesagt, "kein guter Vater" gewesen zu sein. Weil er lieber überm Zauberberg brütete als Bauklötze aufeinander zu türmen. Seine für die Arbeit lebensnotwendige Stille-Zeiten hat das Dichter- und Familienoberhaupt verschiedenen Überlieferungen zufolge aufs Kompromissloseste verteidigt, auch und gerade innerhalb des turbulenten Familienlebens. Was konkret so aussah, dass die nach dem Vater schreienden Spielkinder dies zeitweise eben vor verschlossener Arbeitszimmertür taten. Dass man nicht gleichzeitig Windräder schrubben und durch die Weltwissensgeschichte reiten kann und das Basteln von hoher Literatur dem Bauen von Papierschiffchen öfter im Wege steht als dem Nachwuchs lieb ist - logo! Und wer, dessen Herz auch nur zweimal pro Minute für die Kunst schlägt, könnte einem Künstler solches oder ähnliches Priorisierungsgebaren verübeln? Kaum etwas findet mein Missfallen mehr als Leute ohne Respekt vor und Achtung der produktiven Verschrobenheit der Künstlernatur! (Im Falle des Thomas Mann anhaftenden "kein guter Vater"-Prädikats habe ich immer vermutet, dass es von gebärfreudigen Literaturwissenschaftlerinnen mit Schwerpunkt Gender Studies kommt, die beherzt und ahnungslos dem Biografismus frönen, obwohl jedes Erstsemester weiß, dass es meistens in die Hose geht, wenn man vom Leben eines Schriftstellers mehr oder weniger ungefiltert auf dessen Werk schließt oder andersrum.)
Obwohl oder gerade weil ich also am liebsten einen Ring aus schalldichten Materialien um mich her trüge, in den ich jeden Dichter aufnähme, dessen Trommelfell vor dem lauthalsen Unverstand der Menge verschont werden muss, finde ich, dass die Eingangsfrage hin und wieder doch nicht ganz so klar mit "Kunst!" beantwortet werden kann. Schließlich sind ja Situationen vorstellbar, in denen ein kompromissloses Sich-auf-die-Kunst-Seite-Schlagen dazu führt, dass nicht nur das Leben drum herum blaue Flecken bekommt, sondern auch noch die Kunst drum herum - die Kunst der anderen. Andererseits - liegt nicht gerade darin das besondere Potenzial der Kunst: Schlachtfeld ohne Verletzte sein zu können? Weil: Is ja nur Kunst?
Ich fürchte, das führt zu weit. Mein Rat an alle, die an der Lösung solcher und ähnlicher Fragen knobeln: Kauft euch eine Heißklebepistole! Eine neue Dimension des Klebens eröffnet sich, klebt man sowas auf sowas, und mitunter findet man sogar eine Antwort.
Obwohl oder gerade weil ich also am liebsten einen Ring aus schalldichten Materialien um mich her trüge, in den ich jeden Dichter aufnähme, dessen Trommelfell vor dem lauthalsen Unverstand der Menge verschont werden muss, finde ich, dass die Eingangsfrage hin und wieder doch nicht ganz so klar mit "Kunst!" beantwortet werden kann. Schließlich sind ja Situationen vorstellbar, in denen ein kompromissloses Sich-auf-die-Kunst-Seite-Schlagen dazu führt, dass nicht nur das Leben drum herum blaue Flecken bekommt, sondern auch noch die Kunst drum herum - die Kunst der anderen. Andererseits - liegt nicht gerade darin das besondere Potenzial der Kunst: Schlachtfeld ohne Verletzte sein zu können? Weil: Is ja nur Kunst?
Ich fürchte, das führt zu weit. Mein Rat an alle, die an der Lösung solcher und ähnlicher Fragen knobeln: Kauft euch eine Heißklebepistole! Eine neue Dimension des Klebens eröffnet sich, klebt man sowas auf sowas, und mitunter findet man sogar eine Antwort.
Sonntag, 21. August 2011
Freitag, 19. August 2011
Im Baumarkt.
Seit jeher liebe ich Baumärkte: diese lichten, weiträumigen, nach Holz und Kleber und so weiter smellenden Tempel des immer Neuen, alles Möglichen... direktdemokratische, beinahe schon gerechte Paläste heiterer Betriebsamkeit... Werkhallen mit Plänen, ja Träumen im Kopf. Der Baumarkt ist das Leben in seiner vollen, unbestimmten Pracht! Hier mischen sich Blaumann und Sakko, Handwerk und Kunst, Denken und Handeln, Einbruch und Sicherung, Werkzeug und Mordinstrument. Nie weiß man, wer da vor einem in der Schlange steht: dieser Mann da zum Beispiel - Familienvater im Bastelfieber? Einbrecher auf Fortbildung? Folterknecht? Terrorist? Oder alles zusammen? Wozu braucht ein Mensch solch riesige Sägeblätter? Wozu ein achtteiliges Stahlbürstenset? Extra stabile, blickdichte Müllsäcke? Der Baumarkt sortiert das Chaos in Regalfächer. Chaos bleibt's trotzdem. Aber immerhin irgendwie strukturiert. Diese meine immer schon dae Faszination bzgl. Baumärkten wurde heute noch getoppt: Nicht nur, dass das Sortiment seit meinem letzten Baumarktbesuch um 'Multifunktionsspray' und 'Rasenpflaster' erweitert wurde - nein, man trifft hier auch Leute, die einem vom Laufband aus Kusshände zuwerfen und andere, die einem beim Abschied "viel Zeit" wünschen. Ein Grund mehr, Tanzbein und Spielbein künftig NOCH öfter im Baumarkt auftreten zu lassen.
Montag, 15. August 2011
Kein Witz
Sitz ich im Zug zurück nach Berlin. Schwitzen alle. Kommt der Schaffner und entwertet die Karten. Sag ich zum Schaffner: "Die Klimaanlage funktioniert nicht." Sagt der Schaffner: "Sie müssen das Fenster oben (= eine winzige Luke, Anm.) zumachen." Macht der Schaffner die Luke zu - mit Schraubschlüssel. Wird es noch heißer. Geht die Klimaanlage trotzdem nicht. Schwitzen alle noch mehr. Kommt der Schaffner nach zwei Stunden nochmal vorbei. Sag ich zum Schaffner: "Könnten Sie das Fenster bitte wieder öffnen? Die Klimaanlage geht nämlich immer noch nicht." Hält der Schaffner die Hand an den Klimaanlagenspalt und sagt: "Doch. Die geht schon. Nur schwach." Sag ich: "Aber hier schwitzen alle." Sagt der Schaffner: "Die Anlage ist an, bei offenem Fenster geht sie ganz aus." Sag ich: "Aha. Man muss Prioritäten setzen. Die Menschen sind egal, die Technik ist wichtiger." Öffnet der Schaffner mit Schraubschlüssel die Luke. Kommt endlich (inzwischen sogar kühle Abend-)Luft.
Dienstag, 9. August 2011
mag / mag nicht
Mal abgesehen vom allgemeinen Gefällt-mir-Gefällt-mir-nicht-Boom mag ich Berlin unter anderem deswegen, weil man hier an ein und demselben Tag so viel sehen kann, was einem gefällt, und so viel, was einem nicht gefällt. (Für die Stilistiker: Wann immer hier von "man" die Rede ist, so ist, streng subjektivizistivistisch, nichts anderes gemeint als "ich", "ich" und "nochmal ich".)
Was zum Beispiel nicht gefällt, sind Leute, die ihre leere Bierflasche neben der Bank stehen lassen, auf der sie bis eben gesessen haben, und ihre Lethargie, was die Entsorgung angeht, auch noch mit soziobigotten Hinweisen auf die armen Obdachlosen, die sich dann freuen, schönfärben. Dass die ohne Zweifel wirklich arm drannen Obdach- bzw. Arbeitslosen ohnehin täglich, stündlich, (...) in den Mülleimern der Stadt wühlen, interessiert solche Leergutmenschen nicht. Es käme ihnen auch nicht in den Sinn, mal einen Fünf-Euro-Schein oder sowas in die Richtung in die leere Flasche zu stecken. Reicht ja schließlich, wenn man den Müll neben sich stehen lässt, den Müll, den die armen Penner gut gebrauchen können.
Was dann aber wieder gefällt, ist ein Rollstuhlfahrer auf der Kreuzung Bergmannstraße/Zossenerstraße, der in seinem vollmotorisierten Gefährt mitten auf der Fahrbahn sitzt, ganz offensichtlich geradeaus will und mit einer Geste irgendwo zwischen genervt-ungeduldig und großbürgerlich-lässig ein zögerlich entgegenkommendes Linksabbiegerauto weltmännisch durchwedelt.
Was zum Beispiel nicht gefällt, sind Leute, die ihre leere Bierflasche neben der Bank stehen lassen, auf der sie bis eben gesessen haben, und ihre Lethargie, was die Entsorgung angeht, auch noch mit soziobigotten Hinweisen auf die armen Obdachlosen, die sich dann freuen, schönfärben. Dass die ohne Zweifel wirklich arm drannen Obdach- bzw. Arbeitslosen ohnehin täglich, stündlich, (...) in den Mülleimern der Stadt wühlen, interessiert solche Leergutmenschen nicht. Es käme ihnen auch nicht in den Sinn, mal einen Fünf-Euro-Schein oder sowas in die Richtung in die leere Flasche zu stecken. Reicht ja schließlich, wenn man den Müll neben sich stehen lässt, den Müll, den die armen Penner gut gebrauchen können.
Was dann aber wieder gefällt, ist ein Rollstuhlfahrer auf der Kreuzung Bergmannstraße/Zossenerstraße, der in seinem vollmotorisierten Gefährt mitten auf der Fahrbahn sitzt, ganz offensichtlich geradeaus will und mit einer Geste irgendwo zwischen genervt-ungeduldig und großbürgerlich-lässig ein zögerlich entgegenkommendes Linksabbiegerauto weltmännisch durchwedelt.
Sonntag, 7. August 2011
anfangen und müßiggehen
Die Sprachspione fragen derzeit nach dem Zusammenhang zwischen Müßiggang und Laster und freuen sich über ideenreiche Antworten.
Mittwoch, 3. August 2011
Power (I've got the!)
Sollte das mit der Machtübernahme aus irgend welchen Gründen in absehbarer Zeit wider Erwarten doch nicht klappen, habe ich jetzt dank Eingebung einen Plan B: Ich werde "Gefällt mir"-Button-Klickerin. Ich lege mir einen "Social Media"-Account nach dem anderen zu und klicke bis zum Umfallen von morgens um acht bis abends um acht, und am Ende des Monats ernte ich ein erquickliches Klickhonorar, von dem ich mir einen Programmierer leiste, der mir eine Vorrichtung einrichtet, die das Ganze künftig automatisch macht - unter dem Siegel der Verschwiegenheit, versteht sich, denn würden meine Auftraggeber erfahren, dass ich während der hochpreisig abgerechneten Arbeitszeiten häkele, lese oder Plätzchen backe, anstatt zu klicken, wäre das natürlich ein Skandal, der mich nicht nur Kopf und Kragen kosten würde, sondern vermutlich auch schlagartig alle Kunden, vergangene wie künftige. Selbstverständlich würde es nicht lange dauern, und mein Klickservice-Geschäft würde auch den internationalen Markt beherrschen, weswegen ich dank leo.org neben "Gefällt mir" auch "Like", "Mi piace" und "Ça me plaît" anbieten würde. Der Börsengang wäre eine Frage der Zeit, und weil die bekanntlich Geld ist, von dem ich ja schließlich dank polyglotter Klickmaschine genug hätte, würde sich die Frage der Zeit ratzfatz entkrümmen und zum Ausrufezeichen aufrichten, das fortan und für alle Zeit die Weltherrschaft innehat.
Samstag, 30. Juli 2011
Gefällt mir!
Im Interview erzählt Sascha Adamek unter anderem, warum "Facebook-Trojaner" die eigentlich passendere Bezeichnung für den "Gefällt-mir"-Button wäre.
Mittwoch, 27. Juli 2011
Reise durch den Zeitraum
Im aktuellen arte Magazin (Heft 8/2011) sagt Hubert Reeves, Astrophysiker, viel Interessantes, zum Beispiel: "Wenn Sie ein Gewitter auf der Sonne betrachten, dann sehen Sie etwas, das vor acht Minuten stattgefunden hat. Das ist die Zeit, die das Bild braucht, um bei uns anzukommen. Um etwas über den Zustand des Universums zum Zeitpunkt der Entstehung der Erde zu erfahren, braucht man entsprechend nur einen Stern in einer Entfernung von vier Milliarden Lichtjahren zu beobachten - was dem Erdalter entspricht."
Mondfoto: © Volkssternwarte Zweibrücken
Dienstag, 26. Juli 2011
Flammenweber
Der Flammenweber – dieser hier wohnt im Berliner Zoo – gehört zur Familie der Webervögel, die wegen ihrer kompliziert gebauten Nester so heißen. Es sind in der Regel die leuchtend bunt gefärbten, polygamen Männchen, die die kunstvoll gesponnenen Hängenester zusammenschrauben - mit langen, zugfesten und biegsamen Pflanzenfasern, Federn oder Wolle. Viele Arten der Webervögel sind Koloniebrüter. Die Kolonien können Tausende von Vögeln umfassen. Oft hängen in den Baumkronen die Hängenester dicht beieinander. Viele Webervogelarten sind außerdem Kulturfolger. Das heißt, sie leben in der Nähe des Menschen. So wie zum Beispiel der hier fotografierte. Der in der Außenvolière zwischen Gedächtniskirche und Dorint im Augenblick zwar ein wenig jenseits suchend wirkt, aber dass er sich dabei von den Touristen nicht stören lässt, legt die Vermutung nahe, dass er sich mit den komischen Menschen irgendwie doch ganz gut arrangiert hat.
Montag, 25. Juli 2011
Über Optionsparalyse
„There’s no question, that some choice is better than none. But it doesn’t follow from that, that more choice is better than some choice.“ (Barry Schwartz)
Freitag, 22. Juli 2011
Achtung! Achtung!
"Die Oktettregel oder Acht-Elektronen-Regel, ist", wie wikipedia weiß, "eine klassische Regel aus der Chemie, die besagt, dass die Elektronenkonfiguration von Atomen in Molekülen in der zweiten Periode des Periodensystems maximal acht (vier Paare) äußere Elektronen (Valenzelektronen) beträgt. Die Atome sind also bestrebt, die Elektronenkonfiguration eines Edelgases anzunehmen. Sie ist damit ein Spezialfall der umfassenderen Edelgasregel."
Mittwoch, 20. Juli 2011
$ 50.000 für den Ursprung des Lebens
"Der als Wissenschaftler zu Millionen gekommene Atheist Harry Lonsdale aus Oregon hat ein Preisgeld von $ 50.000 gestiftet für den Nachweis, daß der Ursprung des Lebens vollständig durch physikalische und chemische Prozesse (...) erklärt werden kann", informiert uns der Scienceblog. Und tritt, womöglich ganz unerwartet, eine Lawine an Überlegungen los, was "Leben" denn überhaupt ist.
Mittwoch, 13. Juli 2011
blind trust signature
Was ich ganz und gar nicht verstehe, ist: wie ich etwas unterschreiben soll, das ich nicht verstehe! Und dann soll ich dieses in Unverständnis Unterschriebene auch noch an das Finanzamt weiterleiten! Darf ich sowas überhaupt? Ich gebe doch einem der höchsten und wichtigsten und mächtigsten Ämter der Republik nichts, von dem ich nicht sicher weiß, dass es auch stimmt?!
Ich soll meine vom Steuerberater angefertige Steuererklärung unterschreiben, aber ich verstehe sie nicht, und, schlimmer noch, ich darf nicht einmal jemanden fragen, der genug Zeit hätte, denn die meinem Steuererklärungspaket beigehefteten "Allgemeinen Auftragsbedingungen" untersagen mir dies mehr oder weniger direkt. Ich darf natürlich den Steuerberater selbst fragen, aber wie soll das funktionieren? Wie soll mir der Steuerberater in ein oder zwei Stunden erklären, wozu ich vermutlich mindestens fünf Monate bräuchte? Bleibt mir wohl nur, zu vertrauen, blind zu unterschreiben und das in blindem Vertrauen Unterschriebene dem Finanzamt auszuhändigen. In der Hoffnung, dass es schon kapiert, dass ich zwar nichts kapiere, aber trotzdem signiere.
Ich soll meine vom Steuerberater angefertige Steuererklärung unterschreiben, aber ich verstehe sie nicht, und, schlimmer noch, ich darf nicht einmal jemanden fragen, der genug Zeit hätte, denn die meinem Steuererklärungspaket beigehefteten "Allgemeinen Auftragsbedingungen" untersagen mir dies mehr oder weniger direkt. Ich darf natürlich den Steuerberater selbst fragen, aber wie soll das funktionieren? Wie soll mir der Steuerberater in ein oder zwei Stunden erklären, wozu ich vermutlich mindestens fünf Monate bräuchte? Bleibt mir wohl nur, zu vertrauen, blind zu unterschreiben und das in blindem Vertrauen Unterschriebene dem Finanzamt auszuhändigen. In der Hoffnung, dass es schon kapiert, dass ich zwar nichts kapiere, aber trotzdem signiere.
Dienstag, 12. Juli 2011
digitalism
Manche Leute gehen ja nicht nur mit der Zeit, sondern auch mit der Digitalisierung so weit, dass sie ihren gesamten Alltag im Sinne der Informations- bzw. Arbeitsökonomie durchdigitalisieren. Die Blüten, die solche Effizienzmanie treibt, sind meine jedenfalls nicht. Solange man allein auf der Welt ist, mag die Aufspaltung in bzw. das Abwiegen von Kleinsteinheiten zum Zwecke maximaler Lückenlosigkeit perfekt funktionieren. Man muss sich ja, als Rechenmaschine, allein nicht ertragen. Sobald allerdings andere ins Spiel kommen, ist Vorsicht geboten! Nicht zuletzt vor überlebensgroßen Eiszapfen, die von einstürzenden Neubauten krachen. Nichts gegen ökonomische Vernunft! Zeit, Geld und Raum sind nicht im Überfluss vorhanden, wie jedes Kind weiß. Jedoch: Die Gesellschaft von Leuten, die auch da rechnen, wo Rechnen sich verbietet, ist meine Gesellschaft glücklicherweise nicht.
Dienstag, 21. Juni 2011
Samstag, 18. Juni 2011
He ho!
Was da heute morgen im Briefkasten lag, ist, erstaunlicherweise, nicht im Müll gelandet. Warum nicht? Es sah aus wie Werbung, es war Werbung - und irgendwie auch wieder nicht. Denn: Die Deutsche Bahn hat mir einen "Mitfahrer-Gutschein (einfache Fahrt)" geschenkt. Was auf den ersten Blick und von außen sowieso aussah wie eine gewöhnliche, nervtötende Postwurfsendung von ausschließlich werbendem, mithin also gänzlich uninteressantem Inhalt, entpuppte sich bei näherem Hinsehen ( = Öffnen und Reingucken statt Gleich-Wegschmeißen) als durchaus ernst zu nehmendes Angebot:
"Sehr geehrte Frau Soundso, ob Ausstellung, Konzert oder Städtetour - die Bahn bringt Sie günstig hin. (...) Das Schönste daran: Nehmen Sie doch einfach jemanden aus Ihrem Familien- oder Freundeskreis mit auf die Reise. Wenn Sie bis zum 31.07.2011 Ihre Reise buchen und fahren, erhalten Sie eine Freifahrt für Ihre Begleitung."
- Potzblitz, dachte ich, das ist doch mal wirklich nett.
- Oder will das nur nett sein und ist in Wahrheit der verzweifelte Versuch, bestehende Imageschäden zu kitten?
- Mir egal. Was zählt, ist die Tat.
- Und die ist in der Tat gar nicht mal so schlecht.
"Sehr geehrte Frau Soundso, ob Ausstellung, Konzert oder Städtetour - die Bahn bringt Sie günstig hin. (...) Das Schönste daran: Nehmen Sie doch einfach jemanden aus Ihrem Familien- oder Freundeskreis mit auf die Reise. Wenn Sie bis zum 31.07.2011 Ihre Reise buchen und fahren, erhalten Sie eine Freifahrt für Ihre Begleitung."
- Potzblitz, dachte ich, das ist doch mal wirklich nett.
- Oder will das nur nett sein und ist in Wahrheit der verzweifelte Versuch, bestehende Imageschäden zu kitten?
- Mir egal. Was zählt, ist die Tat.
- Und die ist in der Tat gar nicht mal so schlecht.
Donnerstag, 16. Juni 2011
Viktoriapark
Vor ungefähr einer Stunde im Viktoriapark sitzt man auf der Bank und liest einen Satz, der in Stein gemeißelt gehört, aber weil man weder Stein noch Meißel hat und überhaupt mehr fürs Lebendige ist, schreibt man ihn, den lebendigen Satz, lieber in das Buch, das man für solche Zwecke bei sich trägt. Der Satz, von dem die Rede ist, geht so:
"Erst mit der Wahrnehmung - dem griechischen 'aisthesis' - wird das möglich, was wir brauchen, nämlich das schauende Erkennen des Schönen und das reflektierende Denken des Machbaren, das auch den Weg zum Richtigen weist."
Kaum hat man den Satz, damit er bleibt, ins Buch übertragen, erscheint eine Frau, schätzungsweise Mitte vierzig, auf der Bildfläche, und klappert im Mülleimer, auf der Suche nach leeren Flaschen. Tatsächlich wird sie fündig. Sie zieht eine Bierflasche aus dem Müll und legt sie in ihren Trolli, zu den anderen, die sie bereits gesammelt hat. Ich schätze, es war absolut total daneben, aber ich konnte nicht anders als die Frau zu fragen, ob das nicht ziemlich mühselig sei (wissend, dass man für eine leere Bierflasche 8 Eurocent bekommt, wenn man sie in den Laden trägt). Die Frau strahlte mich an und erzählte, dass sie heute schon 2 Euro eingenommen habe. Das sei ihr "Zubrot für Sonderausgaben". Im Mai habe sie auf die Weise 150 Euro zusammenbekommen, allerdings sei das nicht immer so, dass die Leute "so leichtsinnig" seien und ihre Bierflaschen einfach so wegwerfen würden. Dann erwähnte sie noch, dass sie "tagsüber eher nicht in Mülleimern" kramen würde, "aber jetzt so in der Dämmerung..." Die Frau wünschte mir "schönen Abend noch" und ich ihr dasselbe. Die Frau zog weiter, zum nächsten Mülleimer. Und ich zum nächsten Absatz in meinem Buch, das von Schönheit erzählt und von Natur und vom Machbaren und vom Richtigen. Und ich weiß, dass es stimmt, aber nicht, wie es geht.
"Erst mit der Wahrnehmung - dem griechischen 'aisthesis' - wird das möglich, was wir brauchen, nämlich das schauende Erkennen des Schönen und das reflektierende Denken des Machbaren, das auch den Weg zum Richtigen weist."
Kaum hat man den Satz, damit er bleibt, ins Buch übertragen, erscheint eine Frau, schätzungsweise Mitte vierzig, auf der Bildfläche, und klappert im Mülleimer, auf der Suche nach leeren Flaschen. Tatsächlich wird sie fündig. Sie zieht eine Bierflasche aus dem Müll und legt sie in ihren Trolli, zu den anderen, die sie bereits gesammelt hat. Ich schätze, es war absolut total daneben, aber ich konnte nicht anders als die Frau zu fragen, ob das nicht ziemlich mühselig sei (wissend, dass man für eine leere Bierflasche 8 Eurocent bekommt, wenn man sie in den Laden trägt). Die Frau strahlte mich an und erzählte, dass sie heute schon 2 Euro eingenommen habe. Das sei ihr "Zubrot für Sonderausgaben". Im Mai habe sie auf die Weise 150 Euro zusammenbekommen, allerdings sei das nicht immer so, dass die Leute "so leichtsinnig" seien und ihre Bierflaschen einfach so wegwerfen würden. Dann erwähnte sie noch, dass sie "tagsüber eher nicht in Mülleimern" kramen würde, "aber jetzt so in der Dämmerung..." Die Frau wünschte mir "schönen Abend noch" und ich ihr dasselbe. Die Frau zog weiter, zum nächsten Mülleimer. Und ich zum nächsten Absatz in meinem Buch, das von Schönheit erzählt und von Natur und vom Machbaren und vom Richtigen. Und ich weiß, dass es stimmt, aber nicht, wie es geht.
Mittwoch, 15. Juni 2011
Hello All!
Die Leserschaft ist mal wieder gefragt: Was soll man tun?
Da könnte man endlich, nach langer Durststrecke, einen gut bezahlten Kompositionsauftrag annehmen, aber um die georderten Musikstücke in gebotener Qualität herzustellen, bräuchte man Boxen, die ungefähr die Hälfte von dem kosten, was man durch den Kompositionsauftrag verdienen würde. Man hat aber aktuell kein Geld. Überhaupt keins. Woher auch, wenn man den ganzen Tag und die ganze Nacht an neuen Stücken arbeitet, ohne Boxen zwar, aber mit Gehör, Händen und Gehirn? Und wenn man parallel dazu noch den Akustikmüll entsorgen muss, der in die primäre Arbeitsgerätschaft, den eigenen Hörapparat, geworfen wird, Akustikmüll der Art "Wenn du magst, geb ich dir Geld, aber nur, wenn du mir versichern kannst, dass sich die DVD hinterher gut verkauft."? - Was soll man also tun?
Da könnte man endlich, nach langer Durststrecke, einen gut bezahlten Kompositionsauftrag annehmen, aber um die georderten Musikstücke in gebotener Qualität herzustellen, bräuchte man Boxen, die ungefähr die Hälfte von dem kosten, was man durch den Kompositionsauftrag verdienen würde. Man hat aber aktuell kein Geld. Überhaupt keins. Woher auch, wenn man den ganzen Tag und die ganze Nacht an neuen Stücken arbeitet, ohne Boxen zwar, aber mit Gehör, Händen und Gehirn? Und wenn man parallel dazu noch den Akustikmüll entsorgen muss, der in die primäre Arbeitsgerätschaft, den eigenen Hörapparat, geworfen wird, Akustikmüll der Art "Wenn du magst, geb ich dir Geld, aber nur, wenn du mir versichern kannst, dass sich die DVD hinterher gut verkauft."? - Was soll man also tun?
Montag, 13. Juni 2011
Wie funktioniert Wissenschaft?
Antworten auf diese immer wieder gestellte und zu stellende Frage gibt es wie Muscheln am Meer...
Jedenfalls ungleich einleuchtender als die POPPERsche (Karl Popper, 1902-1994) "Logik der Forschung", nach der nur dasjenige Experiment die Wissenschaft voran bringt, das eine Hypothese als falsch erweist (woher um Himmels Willen weiß ich denn, dass mein Experiment meine Hypothese als falsch erweist? Womöglich war eher mein Experiment falsch konstruiert oder aus anderen Gründen ungeeignet für die Untersuchung der betreffenden Hypothese?), finde ich die Antwort von KEPLER (Johannes Kepler, 1571-1630), der sagt *:
"Erkennen heißt, das äußerlich Wahrgenommene mit den inneren Ideen zusammenbringen und ihre Übereinstimmung beurteilen (...). Wie nämlich das uns außen Begegnende uns erinnern macht an das, was wir vorher wussten, so locken die Sinneserfahrungen, wenn sie erkannt werden, die intellektuellen und innen vorhandenen Gegebenheiten (ante intus praesentia) hervor, so dass sie dann in der Seele aufleuchten (reluceant in anima), während sie vorher wie verschleiert in potentia dort verborgen waren."
* in seinem Buch Harmonices Mundi
Jedenfalls ungleich einleuchtender als die POPPERsche (Karl Popper, 1902-1994) "Logik der Forschung", nach der nur dasjenige Experiment die Wissenschaft voran bringt, das eine Hypothese als falsch erweist (woher um Himmels Willen weiß ich denn, dass mein Experiment meine Hypothese als falsch erweist? Womöglich war eher mein Experiment falsch konstruiert oder aus anderen Gründen ungeeignet für die Untersuchung der betreffenden Hypothese?), finde ich die Antwort von KEPLER (Johannes Kepler, 1571-1630), der sagt *:
"Erkennen heißt, das äußerlich Wahrgenommene mit den inneren Ideen zusammenbringen und ihre Übereinstimmung beurteilen (...). Wie nämlich das uns außen Begegnende uns erinnern macht an das, was wir vorher wussten, so locken die Sinneserfahrungen, wenn sie erkannt werden, die intellektuellen und innen vorhandenen Gegebenheiten (ante intus praesentia) hervor, so dass sie dann in der Seele aufleuchten (reluceant in anima), während sie vorher wie verschleiert in potentia dort verborgen waren."
* in seinem Buch Harmonices Mundi
Sonntag, 12. Juni 2011
Whitsunday Islands
Damals, so vor dreißig- bis fünfzigtausend Jahren, als das Eis* geschmolzen und der Meeresspiegel gestiegen ist, trennte sich das Vulkangebirge vom Festland, und die ehemals höchsten Bergspitzen sind seither die Whitsunday Islands. Eine der Inseln, Bird Island, wird vornehmlich von Seevögeln bewohnt. Albatrossen zum Beispiel.
* von dem vermutlich keiner gedacht hätte, dass es jemals schmelzen würde
* von dem vermutlich keiner gedacht hätte, dass es jemals schmelzen würde
Mittwoch, 8. Juni 2011
Stürmischer Fixstern
Keine geringere als die Sonne hat sich gestern mal wieder auf spektakuläre Weise Luft (oder was auch immer) verschafft. Die NASA hat beobachtet, wie unser Fixstern geladene Partikel und gigantische Plasmawolken ins All schleuderte, und den Sonnensturm gefilmt. Möglicherweise werden wir hier auf der Erde am Abend (man rechnet so mit 20:00 MEZ) Auswirkungen der impulsiven Solardynamik spüren können.
Dienstag, 7. Juni 2011
Die Thrakische Magd (Ein paar Gedanken über das Lachen)
Warum hat die Thrakische Magd damals am Brunnen über Thales von Milet gelacht? Hat sie ihn ausgelacht, weil er beim Sternegucken in den Brunnen gefallen ist? Oder hat sie sich gefreut, dass er zum Sternegucken sogar in einen Brunnen steigt? Wir wissen es nicht, denn wir waren nicht dabei.
Aber wir können aus der Geschichte und ihrer Überlieferung vieles erfahren, was wir heute gut gebrauchen können.
Aber wir können aus der Geschichte und ihrer Überlieferung vieles erfahren, was wir heute gut gebrauchen können.
Montag, 30. Mai 2011
Epilieren geht über studieren.
Tätigkeiten wie Wäsche aufhängen, Fenster putzen oder Beine epilieren bringen es ja nicht selten sondern sogar oft mit sich, dass die Gedanken schweifen, wohin sie wollen. Das Epiliergerät surrt, und schon ist man woanders.
Zum Beispiel in einer Wohnung im Norden, in der man mal gewohnt hat, übergangsweise, zusammen mit vier Katzen, zwei großen und zwei kleinen. Die großen gingen morgens zur Arbeit bzw. Schule, kamen nachmittags nach Hause und erzählten sich den Tag. Dabei fielen dann so Sätze wie: "Epilieren ist ein Sommergeräusch". Oder: "Diese Zigaretten schmecken nur in Griechenland." Die kleinen wohnten einfach, das aber hingebungsvoll und in der ganzen Spannweite, die Wohnen im besten Falle bietet. Sie kletterten über Tuben und Töpfe und manchmal auch über das Keyboard. Sie träumten aus dem Fenster oder jagten sich gegenseitig durch die Zimmer. Gerne dümpelten sie auch in der leeren Badewanne, und es brauchte eine Weile, bis man sich daran gewöhnt hatte, beim Aufs-Klo-Gehen nicht allein zu sein. Und wenn hin und wieder die großen übers Wochenende verreist waren und man selbst nicht so recht wusste, wohin, konnte das vehement dynamische Wohnen der kleinen einen tatsächlich davon überzeugen, ein bisschen an die Sonne zu gehen.
Zum Beispiel in einer Wohnung im Norden, in der man mal gewohnt hat, übergangsweise, zusammen mit vier Katzen, zwei großen und zwei kleinen. Die großen gingen morgens zur Arbeit bzw. Schule, kamen nachmittags nach Hause und erzählten sich den Tag. Dabei fielen dann so Sätze wie: "Epilieren ist ein Sommergeräusch". Oder: "Diese Zigaretten schmecken nur in Griechenland." Die kleinen wohnten einfach, das aber hingebungsvoll und in der ganzen Spannweite, die Wohnen im besten Falle bietet. Sie kletterten über Tuben und Töpfe und manchmal auch über das Keyboard. Sie träumten aus dem Fenster oder jagten sich gegenseitig durch die Zimmer. Gerne dümpelten sie auch in der leeren Badewanne, und es brauchte eine Weile, bis man sich daran gewöhnt hatte, beim Aufs-Klo-Gehen nicht allein zu sein. Und wenn hin und wieder die großen übers Wochenende verreist waren und man selbst nicht so recht wusste, wohin, konnte das vehement dynamische Wohnen der kleinen einen tatsächlich davon überzeugen, ein bisschen an die Sonne zu gehen.
Sonntag, 29. Mai 2011
Theoretisch bewiesen
Nach elfjährigen Forschungen zur vaskulären Rekursivität stellarer Mutationen bei Wirbeltieren hat das transnationale Forscherteam um Prof. Dr. Dr. rer. hyp. Immanuel Lockenstab nun seinen Forschungsbericht vorgelegt. Darin heißt es unter anderem, dass die induktive Deduktionsinduktion theoretisch bewiesen werden kann.
Donnerstag, 26. Mai 2011
Mittwoch, 13. April 2011
Im Stau (lost in Berufsverkehr)
Warum eigentlich passiert es mir immer wieder, dass ich auf Berufstätige treffe, die ich mal „die mutwilligen Verflacher der Nation“ nennen will. Leute, die wider besseres Wissen den so genannten Zielgruppen reinsten Bullshit verkaufen und dann auch noch frech behaupten, die so genannten Zielgruppen würden es ja nicht anders wollen. Dabei wissen die mutwilligen Verflacher der Nation (mVN) ganz genau, dass von „wollen“ keine Rede sein kann, wenn man nichts anderes kennt.
Und die anvisierten Zielgruppen kennen tatsächlich nichts anderes. Weil sie nämlich nie die Chance hatten, es kennenzulernen. Weil nämlich die mVN nicht das geringste Bedürfnis verspüren, es ihnen, also dem großen Rest, der nicht das Glück hatte, über genug geistige und finanzielle Ressourcen zu verfügen, die nun mal nötig sind, um ein Studium zu absolvieren, nahezubringen. Die mVN sind nicht im geringsten motiviert, etwas von dem, was sie qua Geburt geschenkt bekommen haben, an die von ihnen auf niederstem Niveau künstlich klein gehaltenen und täglich aufs Neue festgezurrten Zielgruppen weiterzugeben. Sie, die mVN, könnten, aber sie wollen nicht. Warum auch, wenn der Arbeitgeber einen bereitwillig dafür bezahlt, dass man den lieben langen Tag bei vollem Bewusstsein nichts anderes macht als Informationsschrott so zu mischen, zu verkleben und neu zu verpacken, dass der Schwindel hält. Dann noch ein bisschen was obendrauf, das die Speichelproduktion von Pitbullterriern anregt – wahlweise Busen, Tod oder Hakenkreuz – und schon wieder ist ein Arbeitstag erfolgreich zu Ende gegangen.
Und dann steht man auf einmal, weil das Schicksal oder whatever es so will, neben solchen Leuten und ist einfach nur sprachlos, denn diese Leute schauen einem schamlos strahlend in die Augen, sind überhaupt total „nett“ und „offen“ und „herzlich“ und „interessiert“, und man möchte ihnen den Prosecco in den Ausschnitt kippen, den sie schon wieder nachgießen, aber das wäre zuviel Aufwand. So sucht man also nach Fluchtwegen, doch die sind alle verstopft. Mit lauter gut gelaunten mVN. Gäbe es nicht hin und wieder sowas wie vorhin den Blick des Kellners auf die Uhr oder die Erinnerung an morgen - man wäre hier im Augenblick tatsächlich verloren.
Und die anvisierten Zielgruppen kennen tatsächlich nichts anderes. Weil sie nämlich nie die Chance hatten, es kennenzulernen. Weil nämlich die mVN nicht das geringste Bedürfnis verspüren, es ihnen, also dem großen Rest, der nicht das Glück hatte, über genug geistige und finanzielle Ressourcen zu verfügen, die nun mal nötig sind, um ein Studium zu absolvieren, nahezubringen. Die mVN sind nicht im geringsten motiviert, etwas von dem, was sie qua Geburt geschenkt bekommen haben, an die von ihnen auf niederstem Niveau künstlich klein gehaltenen und täglich aufs Neue festgezurrten Zielgruppen weiterzugeben. Sie, die mVN, könnten, aber sie wollen nicht. Warum auch, wenn der Arbeitgeber einen bereitwillig dafür bezahlt, dass man den lieben langen Tag bei vollem Bewusstsein nichts anderes macht als Informationsschrott so zu mischen, zu verkleben und neu zu verpacken, dass der Schwindel hält. Dann noch ein bisschen was obendrauf, das die Speichelproduktion von Pitbullterriern anregt – wahlweise Busen, Tod oder Hakenkreuz – und schon wieder ist ein Arbeitstag erfolgreich zu Ende gegangen.
Und dann steht man auf einmal, weil das Schicksal oder whatever es so will, neben solchen Leuten und ist einfach nur sprachlos, denn diese Leute schauen einem schamlos strahlend in die Augen, sind überhaupt total „nett“ und „offen“ und „herzlich“ und „interessiert“, und man möchte ihnen den Prosecco in den Ausschnitt kippen, den sie schon wieder nachgießen, aber das wäre zuviel Aufwand. So sucht man also nach Fluchtwegen, doch die sind alle verstopft. Mit lauter gut gelaunten mVN. Gäbe es nicht hin und wieder sowas wie vorhin den Blick des Kellners auf die Uhr oder die Erinnerung an morgen - man wäre hier im Augenblick tatsächlich verloren.
Sonntag, 10. April 2011
Sprichwörter hinterfragt - Teil 3
Die Sprachspione ziehen abermals ein altes Sprichwort aus der Kiste und lassen diesmal, soviel sei verraten, eigentlich kein gutes Haar an ihm. Im dritten Teil geht es um die Behauptung, dass, wer A sagt, auch B sagen müsse..
Freitag, 8. April 2011
Donnerstag, 7. April 2011
New Release!
Kaufen! Kaufen! Verschenken! Behalten! Einrahmen und ausstellen und ganz viel Eintritt verlangen! Ins Amerikanische übersetzen und sehr reich werden! Versteigern! Fürs Doppelte Weiterverkaufen! Oder für die Hälfte! Oder! Wie auch immer - lesen und weiterdenken!
Montag, 4. April 2011
Sprichwörter hinterfragt - Teil 2
Die Sprachspione klopfen weiterhin alte Sprichwörter nach Aktualität ab. Im zweiten Teil geht es um des Lied wes Brot ich sing - oder so ähnlich.
Montag, 28. März 2011
Ko(s)mische Dimensionen
Sonntag, 27. März 2011
Sonntagsfrage
„In einer besseren Welt“ ist der Name eines Films, der kürzlich angelaufen ist und der sogar einen Golden Globe bekommen hat. Ein kurzer Klick auf die Filmbeschreibung verrät, worum’s geht: Alle sind irgendwie traumatisiert und kämpfen deswegen mit, um oder gegen irgendwas, und am Ende verlieren alle, und "das Gute" wird an den Nagel gehängt, und es gibt nur eine Gewinnerin: die Hoffnungslosigkeit. Und ich frage mich, was das soll: breitenwirksam Hoffnungslosigkeit predigen und dafür noch goldene Globen ernten und infolge dessen viel, viel Publikum und also viel, viel Geld.
Freitag, 25. März 2011
Sprichwörter hinterfragt - Teil 1
Die Sprachspione hinterfragen gerade Sprichwörter und gucken mal, ob man die noch gebrauchen kann. Im ersten Teil der Trilogie "Sprichwörter hinterfragt" geht es um den Anfang und ob der wirklich immer so schwer ist, wie das Sprichwort behauptet.
Dienstag, 22. März 2011
"Ethik" in Anführungsstrichen
Am Wochenende habe ich eine denkwürdige Geschichte gehört, und die geht so:
Ein Mann, erfolgreicher Unternehmensberater, eine (schwangere) Ehefrau, zwei (fast drei) Kinder, leben als Familie mit Leib und Seele in der Großstadt. Insbesondere die Frau ist EINS mit der weiten Stadt, die sie braucht wie andere Lebewesen das Wasser oder die Weide. Aus dem einfachen Grund, dass sie, die Stadt, nun mal ihr, der Frau, LEBENSRAUM ist, und zwar in jeder Hinsicht: beruflich wie privat, körperlich wie geistig.
Auf einmal passiert, nach Jahren glücklichen (??) Familien(?)lebens, dies: Der Mann verkündet, er werde seinen Job bei der Unternehmensberatung quittieren und sich stattdessen selbstständig machen. Dazu werde er eine kleine Firma kaufen, er wisse auch schon welche, man müsse allerdings umziehen... in einen kleinen Ort im Norden des Landes. Das Ganze "müsse" er tun, denn er könne "aus ethischen Gründen" nicht länger als Unternehmensberater arbeiten.
Der Mann hat flugs gekündigt, besagte Firma im Norden gekauft, und die Frau fragt sich womöglich erst jetzt, wen sie vor Jahren geheiratet hat. Beziehungsweise: wo der Anfangsfehler liegt?
Ein Mann, erfolgreicher Unternehmensberater, eine (schwangere) Ehefrau, zwei (fast drei) Kinder, leben als Familie mit Leib und Seele in der Großstadt. Insbesondere die Frau ist EINS mit der weiten Stadt, die sie braucht wie andere Lebewesen das Wasser oder die Weide. Aus dem einfachen Grund, dass sie, die Stadt, nun mal ihr, der Frau, LEBENSRAUM ist, und zwar in jeder Hinsicht: beruflich wie privat, körperlich wie geistig.
Auf einmal passiert, nach Jahren glücklichen (??) Familien(?)lebens, dies: Der Mann verkündet, er werde seinen Job bei der Unternehmensberatung quittieren und sich stattdessen selbstständig machen. Dazu werde er eine kleine Firma kaufen, er wisse auch schon welche, man müsse allerdings umziehen... in einen kleinen Ort im Norden des Landes. Das Ganze "müsse" er tun, denn er könne "aus ethischen Gründen" nicht länger als Unternehmensberater arbeiten.
Der Mann hat flugs gekündigt, besagte Firma im Norden gekauft, und die Frau fragt sich womöglich erst jetzt, wen sie vor Jahren geheiratet hat. Beziehungsweise: wo der Anfangsfehler liegt?
Montag, 21. März 2011
Sonntagsschnipsel
Wenn man sonntags die Spree entlangspaziert, kann es passieren, dass man zuerst zum Gasthörer einer DIY-Improvisation gemacht und anschließend in eine internationale Kissenschlacht gespült wird.
Freitag, 18. März 2011
Viktorias Erfahrung
"Erzwungener Kapitalismus ohne sozialen Aspekt macht mir Angst, die ich nur für kurze Zeiten und mit Deutschland im Rücken überwinden kann." (V.H.) Was man sonst noch über Russland und Deutschland, Schnittstellen und Aufbrüche, Bildung und Ausbildung, Kunst und Design... wissen darf, wenn man will, erfährt man aus erster Hand in Viktorias Erfahrung, der ich an ihrer Stelle lediglich eine andere Überschrift geben würde.
Samstag, 12. März 2011
Freitag, 4. März 2011
Dienstag, 1. März 2011
Quantensprung
Dass Mücken qua Geburt zwar die Gestalt von Mücken haben, in Wahrheit aber Elefanten sein können, zeigt kein Phänomen so deutlich wie das des Quantensprungs. Allenfalls noch das des aufrichtigen Rücktritts eines Verteidigungsministers wegen, so könnte man mutwillig oberflächlich formulieren, falscher Fußnoten und Gänsefüßchen. Betrachtet man den ministeriellen Rücktritt jedoch im Kern, erkennt man, dass weder Kerner noch Bild noch Bunte mit ihren professionellen Hochglanzpolituren geschafft haben, was 2011 die scientific community geschafft hat: aus Hochglanzfiguren echte Menschen von wahrer Größe zu machen.
Sonntag, 20. Februar 2011
Wie werde ich Diplom-Bürger?
Theoretisch bin ich Bürgerin, aber praktisch? Wie geht das eigentlich - "Bürger sein"? Wählen gehen reicht, glaube ich, nicht. Kritisch auf den Beipackzettel gucken, glaube ich, auch nicht. Das Kleingedruckte in Verträgen achten, eine Steuererklärung machen können, verstehen, was von den täglich verbreiteten "Fakten" Bullshit ist und was davon man besser ernst nehmen sollte, um nicht unterzugehen?
Die HFG Karlsruhe hat das Riesenproblem der Zeit erkannt und bietet seit dem Sommersemester 2010 im Rahmen des Programms "Der professionalisierte Bürger" fünf neue Studiengänge an:
* Diplom-Bürger
* Diplom-Gläubige
* Diplom-Konsumenten
* Diplom-Patienten
* Diplom-Rezipienten
Im Zentrum steht überall "die Förderung von Allgemeinbildung im Sinne der Wiederaneignung von bürgerlichen Kompetenzen."
Für alle, die aus geografischen Gründen nicht an den Seminaren teilnehmen können, dies aber gerne würden, gibt es die Möglichkeit, einzelne Beiträge als Podcast nachzuhören.
Montag, 14. Februar 2011
Einkaufsgeschichten, Folge 1
Was unseren postkommunistischen, spätkapitalistischen und bald hoffentlich endlich ohne Istisches auskommenden Arbeiter-und-Intellektuellen-und-Bauern-und-Industriellen-Staat angeht, so scheinen hin und wieder Inseln der Hoffnung auf eine rosige Zukunft auf (wenn das mit den blühenden Landschaften schon nicht so ganz geklappt hat). Grund für solche Zuversicht gibt mir unter anderem ein Erlebnis, das ich vergangenen Samstagnachmittag hatte:
Ich war im Begriff, zehn kleinformatige Einweckgläschen zu kaufen, in einem meiner Lieblingsläden. (Im Begriff war ich nur, weil ich die Floskel so schick finde, in Wahrheit hatte ich sie bereits gekauft und sogar schon nach Hause getragen und ausgewickelt.)
Da standen sie also nun alle zehn vor mir, und als ich eines öffnete, um das, was da rein sollte, hineinzulegen, wurde ich mit großem Schreck gewahr, dass ich das falsche Format erwischt hatte. Das, was da rein sollte (ein quadratisches Etwas aus Papier), passte schlichtweg nicht da rein! Es hätte das Format gesprengt, und da es sich um ziemlich dickwandige Gläschen handelte, hätte die Papierware vermutlich eher hässliche Blessuren davongetragen. => Wieder aufs Rad, zurück in den Laden, die zehn Gläschen auf dem Tresen aufgebaut, und das Missgeschick erklärt. Und jetzt kommt’s:
Der Umtausch war:
1. eine Sache von 5 Minuten
2. eine gute Gelegenheit für ein nettes Pläuschchen über Waren und Preise
3. eine freudige Überraschung, denn: das stattdessen gewählte nächst größere Format kostete exakt genauso viel wie das zu kleine!
=>
Ich: „Aber die sind doch größer als die anderen! Die müssen doch teurer sein!“
Verkäuferin: „Nö, der Aufwand bei der Produktion ist derselbe.“
Ich: „Aber das weiß doch der Kunde nicht! Man könnte doch ohne Weiteres den Preis wenn nicht gerade verdoppeln, so doch zumindest um die Hälfte erhöhen!“
Verkäuferin: „Ja, das könnte man.“
Ich war im Begriff, zehn kleinformatige Einweckgläschen zu kaufen, in einem meiner Lieblingsläden. (Im Begriff war ich nur, weil ich die Floskel so schick finde, in Wahrheit hatte ich sie bereits gekauft und sogar schon nach Hause getragen und ausgewickelt.)
Da standen sie also nun alle zehn vor mir, und als ich eines öffnete, um das, was da rein sollte, hineinzulegen, wurde ich mit großem Schreck gewahr, dass ich das falsche Format erwischt hatte. Das, was da rein sollte (ein quadratisches Etwas aus Papier), passte schlichtweg nicht da rein! Es hätte das Format gesprengt, und da es sich um ziemlich dickwandige Gläschen handelte, hätte die Papierware vermutlich eher hässliche Blessuren davongetragen. => Wieder aufs Rad, zurück in den Laden, die zehn Gläschen auf dem Tresen aufgebaut, und das Missgeschick erklärt. Und jetzt kommt’s:
Der Umtausch war:
1. eine Sache von 5 Minuten
2. eine gute Gelegenheit für ein nettes Pläuschchen über Waren und Preise
3. eine freudige Überraschung, denn: das stattdessen gewählte nächst größere Format kostete exakt genauso viel wie das zu kleine!
=>
Ich: „Aber die sind doch größer als die anderen! Die müssen doch teurer sein!“
Verkäuferin: „Nö, der Aufwand bei der Produktion ist derselbe.“
Ich: „Aber das weiß doch der Kunde nicht! Man könnte doch ohne Weiteres den Preis wenn nicht gerade verdoppeln, so doch zumindest um die Hälfte erhöhen!“
Verkäuferin: „Ja, das könnte man.“
Samstag, 12. Februar 2011
Mittwoch, 9. Februar 2011
Smalltalking Business
Neulich im Erdgeschoss einer Buchhandelskettenfiliale. In einem "Smalltalk-Trainer für berufliche Situationen" lese ich:
"Fördern Sie Ihre Karrierechancen! Das 30-Sekunden-Geplauder im Lift oder das Warm-up vor der Vertragsverhandlung öffnet Türen, schafft Nähe und mobilisiert Sympathien. Beruflich zahlt sich das liebenswürdige Interesse an anderen in Form von Rückendeckung, einem höheren Bekanntheitsgrad oder einem engmaschigen Beziehungsnetz aus."
Was sind das für Businessratgeber, die Sympathien mobilisieren und Liebenswürdigkeit verkaufen wollen? Und: Wer kauft sowas? Und wer von den Käufern glaubt sowas, und wer von den Glaubenden macht sowas? Wie groß ist die Reichweite solcher und ähnlicher (Un-)Ratgeber, die das Natürliche (Sympathie, Interesse am anderen) mutwillig denaturieren, damit es sich gewinnbringend instrumentalisieren lässt? Welche Ratgeber bestimmen womöglich immer noch das Klima der Republik, alles Echte ins Unechte kehrend, so dass keiner mehr weiß, was eigentlich echt ist und was Fake, nichts als Mittel zum Zweck, die eigene Karriere zu fördern?
Was spricht eigentlich dagegen, BERUFLICH genauso zu sein wie PRIVAT, nämlich einfach GANZ NORMAL?
"Fördern Sie Ihre Karrierechancen! Das 30-Sekunden-Geplauder im Lift oder das Warm-up vor der Vertragsverhandlung öffnet Türen, schafft Nähe und mobilisiert Sympathien. Beruflich zahlt sich das liebenswürdige Interesse an anderen in Form von Rückendeckung, einem höheren Bekanntheitsgrad oder einem engmaschigen Beziehungsnetz aus."
Was sind das für Businessratgeber, die Sympathien mobilisieren und Liebenswürdigkeit verkaufen wollen? Und: Wer kauft sowas? Und wer von den Käufern glaubt sowas, und wer von den Glaubenden macht sowas? Wie groß ist die Reichweite solcher und ähnlicher (Un-)Ratgeber, die das Natürliche (Sympathie, Interesse am anderen) mutwillig denaturieren, damit es sich gewinnbringend instrumentalisieren lässt? Welche Ratgeber bestimmen womöglich immer noch das Klima der Republik, alles Echte ins Unechte kehrend, so dass keiner mehr weiß, was eigentlich echt ist und was Fake, nichts als Mittel zum Zweck, die eigene Karriere zu fördern?
Was spricht eigentlich dagegen, BERUFLICH genauso zu sein wie PRIVAT, nämlich einfach GANZ NORMAL?
Montag, 7. Februar 2011
Sonntag, 6. Februar 2011
Grundschulpädagogik 2011 ? (On Education, II)
Beinahe passend zum Thema geht soeben eine Geschichte ein, die an der evolutionären Zuversicht heutiger Anthropologen zweifeln lässt: die Geschichte von J., lese- und v.a. rechenbegeisterter Erstklässler im an sich sonnigen Süden der Republik. Die Geschichte von einem Kleinen, der für den Lehrer offenbar zu groß ist. Die Geschichte von einem Flitzekerl, der so großen Spaß an Mathe hat, dass er zu Hause schon mal ein paar Seiten künftiger Hausaufgaben vorausgerechnet hat. Die Geschichte, außerdem, von einem Lehrer, der, als er das Zeugnis kindlicher Knobelfreude im Heft sieht, darauf besteht, dass die Lösungen auf der Stelle ausradiert werden. AUS! RA! DIERT! Weg mit der Begeisterung! Wir sind hier nicht zum Spaß! Wir sind hier in der SCHU-LE! Ach so, die Geschichte spielt übrigens im Jahr 2011 und bildet zum Glück offenbar eine - wenn auch horrende - Ausnahme.
4000 years (On Education, I)
„...eine Art von Konvergenz zwischen der politischen Rationalität in der jetzigen Weltlage und der Wiederentdeckung des alten Menschen, also des Menschen wie er war, bevor die hochkulturellen Kriegsdressuren ihn deformiert haben. Der Mensch wird von den Anthropologen jetzt so beschrieben als wäre er mit einer wunderbaren emotionalen Hardware ausgestattet, auf der aber seit viertausend Jahren die falsche Software läuft, die wir mit dem verdächtigen Namen Erziehung auch noch – bisher – anzupreisen gewagt haben.“ (Sloty)
Montag, 31. Januar 2011
Parfum oder Kunst?
Parfum oder Kunst? Ich habe die Wahl.
Normalerweise mag ich Parfums nicht sonderlich. Ich finde, die meist mutwillig durchdesignten Körperbeduftungssprays machen die Leute unverschämt austauschbar. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel, und es gibt Parfums, die an Leuten wirklich gut und es gibt Leute, die mit Parfum wirklich besser riechen.
Manchmal, zu den so genannten „besonderen Anlässen“, greife auch ich gerne zum Flakon, pumpe beherzt einen kräftigen Stoß in den Kubikmeter Wohnraum vor meinem ausgestreckten Arm und stelle mich schnell, solange die Wolke noch in der Luft hängt, darunter bzw. darein, auf dass sie mich einlulle und für die nächsten zwölf bis vierundzwanzig Stunden molekular verträglich an mir hafte.
Deswegen und weil selbst das unerschöpflichste Lieblingsparfum irgendwann zu Ende geht, ging ich neulich ins Karstadt, um für Nachschub zu sorgen. Aber ach: selbst die kleinste Größe, das 30ml-Fläschchen, kostete 55 Euro!
Eine Jahreskarte für die staatlichen Museen zu Berlin, mit der man ein Jahr lang in alle Dauerausstellungen kommt, kostet 40 Euro, schoss es mir in den Kopf.
Ich habe also die Wahl: 55 Euro für 30 Milliliter komprimierten freien Eintritt in fein zerstäubte Wohlgeruchswolken ODER 40 Euro für 365 Tage freien Eintritt in atemberaubende Weltweisewunderwolken. Was will ich? In einem Kunstwerk aus Blüten, Blättern und Schnickschnack baden ODER in vielen Kunstwerken aus Figuren, Formen, Farben und Schnickschnack baden?
Natürlich will ich beides. Aber wenn ich nun mal einfach weder in den Adel einheiraten noch in die Werbung gehen will? Was bleibt mir als Angehörige der so genannten "schreibenden Zunft" anderes übrig als mich zu entscheiden?
Das Tolle am Aufschreiben ist ja unter anderem, dass Entscheidungsfragen sich beim Schreiben in Luft auflösen und die Entscheidung fällt, noch bevor der Text zu Ende ist.
Normalerweise mag ich Parfums nicht sonderlich. Ich finde, die meist mutwillig durchdesignten Körperbeduftungssprays machen die Leute unverschämt austauschbar. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel, und es gibt Parfums, die an Leuten wirklich gut und es gibt Leute, die mit Parfum wirklich besser riechen.
Manchmal, zu den so genannten „besonderen Anlässen“, greife auch ich gerne zum Flakon, pumpe beherzt einen kräftigen Stoß in den Kubikmeter Wohnraum vor meinem ausgestreckten Arm und stelle mich schnell, solange die Wolke noch in der Luft hängt, darunter bzw. darein, auf dass sie mich einlulle und für die nächsten zwölf bis vierundzwanzig Stunden molekular verträglich an mir hafte.
Deswegen und weil selbst das unerschöpflichste Lieblingsparfum irgendwann zu Ende geht, ging ich neulich ins Karstadt, um für Nachschub zu sorgen. Aber ach: selbst die kleinste Größe, das 30ml-Fläschchen, kostete 55 Euro!
Eine Jahreskarte für die staatlichen Museen zu Berlin, mit der man ein Jahr lang in alle Dauerausstellungen kommt, kostet 40 Euro, schoss es mir in den Kopf.
Ich habe also die Wahl: 55 Euro für 30 Milliliter komprimierten freien Eintritt in fein zerstäubte Wohlgeruchswolken ODER 40 Euro für 365 Tage freien Eintritt in atemberaubende Weltweisewunderwolken. Was will ich? In einem Kunstwerk aus Blüten, Blättern und Schnickschnack baden ODER in vielen Kunstwerken aus Figuren, Formen, Farben und Schnickschnack baden?
Natürlich will ich beides. Aber wenn ich nun mal einfach weder in den Adel einheiraten noch in die Werbung gehen will? Was bleibt mir als Angehörige der so genannten "schreibenden Zunft" anderes übrig als mich zu entscheiden?
Das Tolle am Aufschreiben ist ja unter anderem, dass Entscheidungsfragen sich beim Schreiben in Luft auflösen und die Entscheidung fällt, noch bevor der Text zu Ende ist.
Dienstag, 25. Januar 2011
Mittwoch, 19. Januar 2011
Mittwoch, 12. Januar 2011
Innerer Monolog eines Bürokraten, der plötzlich auch mal eine Idee hat
"Ich hab’s! Wir erklären einfach für verrückt! Was wir nicht verstehen oder was die Norm sprengt, erklären wir für verrückt. Wir vermessen, kategorisieren, katalogisieren und bilanzieren, ordnen ein und sortieren aus. Wir erklären für mangelhaft, was die (von irgendwem irgendwann definierten und von uns nachbuchstabierten) Normen unter- oder übersteigt. Wir messen, wiegen, testen und vergessen einfach alles, was nicht reinpasst. Herausragendes vergessen wir einfach. Oder nein: Wir vernichten es lieber. Damit unseren Standards nichts passiert. Wir müssen unsere Standards bewahren, denn was wären wir ohne sie? Nichts! Unsere Standards sind uns heilig. Ohne unsere heiligen Standards wären wir auf uns selbst gestellt, und da wir nicht wissen, was das sein soll bzw. gar nicht glauben, dass es so etwas gibt, verteidigen wir unsere Standards auf, wie man so sagt, Teufel komm raus. Der Rest wird vernichtet. Und bald schon, nicht erst in tausend Jahren, wird es ihn nie gegeben haben."
Freitag, 7. Januar 2011
Danksagung an die Kassierer-Zunft
Taugte ich doch nur ein Quäntchen mehr zum Wutbürger! Wäre ich doch nur ein Fünkchen Fan von Tätigkeiten wie auf Demos Kopien von Skandiersprüchen mit eingängigem Reimschema verteilen, nur mit Chanel No 5 überzogen ein vorübergehendes Amt als Politexhibitionistin bekleiden oder schottern.
Ich würde womöglich die Kaufhäuser, Supermärkte und Discounterfilialen stürmen, lakenumtost und wild beflaggt, und rufen: „KassiererInnen aller Länder, vereinigt euch!“ (Wie ich das große „I“ rufen würde, weiß ich auch nicht, aber das wäre ein Problem, mit dem man getrost tun könnte, was die Autoritäten der antiautoritären Erziehung der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts des vergangenen Jahrtausends verunsicherten Eltern befahlen, was den Umgang mit dem Nachwuchs betrifft: vernachlässigen!)
Hier aber macht mir meine wie auch immer geartete Natur einen Strich durch die Rechnung. Meine wie auch immer geartete Natur ist nämlich eine kleine Diktatorin: Sie lässt mir keine Wahl. Ich bevorzuge nun mal leise Reden und laute Beats, nicht umgekehrt. Das war schon immer so. Das wird auch immer so sein. Ich bin zu dieser Kombination verdammt! Wahrscheinlich werde ich auch noch auf der Sterbebühne „mehr Bass!“ ins Linnen aus handgeklöppeltem Basalt hauchen. Oder ins Kleenex. Je nachdem, ob mein Lebensweg mir bis dahin rubinfunkelnden Reichtum oder raufaserige Armut beschert hat. (Habe ich „Basalt“ geschrieben? Ich meinte „Damast“.) Und man kann nur hoffen, dass dann jemand da ist, der aufdreht.
Statt delacroixmäßig die Einkaufsmöglichkeiten zu stürmen, könnte man natürlich auch ein Disco-Attentat arrangieren. Doch ach: Auch die Zwangsbeschallung lehne ich ab. Insofern ist mir auch dieser Weg versperrt! (Wen es interessiert: Ein Disco-Attentat stelle ich mir so vor, dass ein möglichst beatlastiger Verbund musikalisch begabter Leute die Kaufhallen stürmt, die Instrumente auspackt und loslegt, so hin- und mitreißend, dass die Kassiererinnen und Kassierer aus ihren Kassen springen und durch die Regale tanzen. Weil einfach kein Tanzbein trocken bleibt bei „soom Rhythmus“.) Aber wer sagt einem, ob den Mitarbeitern die Musik auch gefallen würde? Eben! Nichts ist trauriger und nichts desolater und obendrein nichts unwürdiger als ein missglücktes Disco-Attentat. Man will Freude schenken und erntet Ohropax. Leute mit Geräuschen zu beschallen, die sie nicht wollen, ist nun wirklich nicht im Sinne des Erfinders. Meines Erachtens ist das sogar ein Straftatbestand. Einer ohne Paragraf, Absatz und Artikel zwar, aber doch ein veritabler, ausgewachsener, nur mit Füllfederhalter von Rolls Royce oder meinetwegen Mercedes-Benz zu unterzeichnender S t r a f t a t b e s t a n d.
Was also tun, um der aufrichtig empfundenen Dankbarkeit jenen Leuten gegenüber Ausdruck zu verleihen, die täglich acht Stunden ihres Tages der Öffentlichkeit (also auch mir) zur Verfügung stellen und knöpfedrückend hinter Kassen stehen oder sitzen, obwohl sie sich sicher Schöneres vorstellen könnten?
Man könnte den gastronomischen Brauch des Trinkgeldgebens einführen.
Man könnte sagen: „Danke, liebe Frau Soundso, dass Sie hier sind und mir den Erwerb von Waren in den Bahnen des Gesetzes ermöglichen und ich nicht klauen muss!“
Man könnte, wenn man das nächste Mal an einer Sammelkasse steht (so einer wie sie bei Karstadt, H&M oder C&A üblich sind) und so wie neulich beim Karstadt Zeuge einer lustigen Unterhaltung zwischen Kollegin 1 und Kollegin 2 wird, sagen: „Danke, liebe Frau Soundso und Soundso, dass Sie während der Arbeit und vor meinen Augen/Ohren miteinander scherzen! So muss ich nicht fürchten, dass Sie und Ihre Kollegen in Ihrem Arbeitsleben zu griesgrämigen Robotern mutieren, und kann beruhigt meine neu erworbenen Overknees nach Hause tragen!“
Ich würde womöglich die Kaufhäuser, Supermärkte und Discounterfilialen stürmen, lakenumtost und wild beflaggt, und rufen: „KassiererInnen aller Länder, vereinigt euch!“ (Wie ich das große „I“ rufen würde, weiß ich auch nicht, aber das wäre ein Problem, mit dem man getrost tun könnte, was die Autoritäten der antiautoritären Erziehung der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts des vergangenen Jahrtausends verunsicherten Eltern befahlen, was den Umgang mit dem Nachwuchs betrifft: vernachlässigen!)
Hier aber macht mir meine wie auch immer geartete Natur einen Strich durch die Rechnung. Meine wie auch immer geartete Natur ist nämlich eine kleine Diktatorin: Sie lässt mir keine Wahl. Ich bevorzuge nun mal leise Reden und laute Beats, nicht umgekehrt. Das war schon immer so. Das wird auch immer so sein. Ich bin zu dieser Kombination verdammt! Wahrscheinlich werde ich auch noch auf der Sterbebühne „mehr Bass!“ ins Linnen aus handgeklöppeltem Basalt hauchen. Oder ins Kleenex. Je nachdem, ob mein Lebensweg mir bis dahin rubinfunkelnden Reichtum oder raufaserige Armut beschert hat. (Habe ich „Basalt“ geschrieben? Ich meinte „Damast“.) Und man kann nur hoffen, dass dann jemand da ist, der aufdreht.
Statt delacroixmäßig die Einkaufsmöglichkeiten zu stürmen, könnte man natürlich auch ein Disco-Attentat arrangieren. Doch ach: Auch die Zwangsbeschallung lehne ich ab. Insofern ist mir auch dieser Weg versperrt! (Wen es interessiert: Ein Disco-Attentat stelle ich mir so vor, dass ein möglichst beatlastiger Verbund musikalisch begabter Leute die Kaufhallen stürmt, die Instrumente auspackt und loslegt, so hin- und mitreißend, dass die Kassiererinnen und Kassierer aus ihren Kassen springen und durch die Regale tanzen. Weil einfach kein Tanzbein trocken bleibt bei „soom Rhythmus“.) Aber wer sagt einem, ob den Mitarbeitern die Musik auch gefallen würde? Eben! Nichts ist trauriger und nichts desolater und obendrein nichts unwürdiger als ein missglücktes Disco-Attentat. Man will Freude schenken und erntet Ohropax. Leute mit Geräuschen zu beschallen, die sie nicht wollen, ist nun wirklich nicht im Sinne des Erfinders. Meines Erachtens ist das sogar ein Straftatbestand. Einer ohne Paragraf, Absatz und Artikel zwar, aber doch ein veritabler, ausgewachsener, nur mit Füllfederhalter von Rolls Royce oder meinetwegen Mercedes-Benz zu unterzeichnender S t r a f t a t b e s t a n d.
Was also tun, um der aufrichtig empfundenen Dankbarkeit jenen Leuten gegenüber Ausdruck zu verleihen, die täglich acht Stunden ihres Tages der Öffentlichkeit (also auch mir) zur Verfügung stellen und knöpfedrückend hinter Kassen stehen oder sitzen, obwohl sie sich sicher Schöneres vorstellen könnten?
Man könnte den gastronomischen Brauch des Trinkgeldgebens einführen.
Man könnte sagen: „Danke, liebe Frau Soundso, dass Sie hier sind und mir den Erwerb von Waren in den Bahnen des Gesetzes ermöglichen und ich nicht klauen muss!“
Man könnte, wenn man das nächste Mal an einer Sammelkasse steht (so einer wie sie bei Karstadt, H&M oder C&A üblich sind) und so wie neulich beim Karstadt Zeuge einer lustigen Unterhaltung zwischen Kollegin 1 und Kollegin 2 wird, sagen: „Danke, liebe Frau Soundso und Soundso, dass Sie während der Arbeit und vor meinen Augen/Ohren miteinander scherzen! So muss ich nicht fürchten, dass Sie und Ihre Kollegen in Ihrem Arbeitsleben zu griesgrämigen Robotern mutieren, und kann beruhigt meine neu erworbenen Overknees nach Hause tragen!“
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